1900 Moskau - 1969 Paris
Modern | Post War | Contemporary
am
06.06.2024,
Los
18
Taxe: € 200.000
Ergebnis: €
250.800
(inkl. Aufgeld)
POLIAKOFF, SERGE
1900 Moskau - 1969 Paris
Titel: Composition grise.
Datierung: 1956.
Technik: Öl auf Leinwand.
Maße: 97 x 130cm.
Bezeichnung: Signiert unten links: SERGE PoLiAKoFF.
Rahmen/Sockel: Modellrahmen.
Provenienz:
- Knoedler & Co, New York
- Privatsammlung Deutschland
Ausstellungen:
- Galerie S. Mamède, Lissabon 1972 (Aufkleber)
- Musée Fabre, Montpellier 1974
- Musée des Beaux-Arts, La-Chaux-de-Fonds 1975
- Galerie Melki, Basel 1976 (Aufkleber)
- Pori Art Museum, Pori/Finnland 1983
- Kunsthalle Helsinki, 1984
- Malmö Konsthall, 1984 (Aufkleber)
- Association Campredon Art et Culture, L'Isle-sur-la-Sorgue 1986 (Aufkleber)
- Fondation Pierre Gianadda, Martigny 1987
- The Seibu Museum of Art, Tokyo 1988 (Aufkleber)
- Tsukashin Hall, Amagasaki 1988
- Galerie Melki, Paris 1991 (Aufkleber)
- Museum Würth, Künzelsau 1997
- Künstlerhaus Wien, 1998
Literatur:
- Poliakoff, Alexis: Serge Poliakoff - Catalogue Raisonné, Vol. II, 1955-1958, Paris 2010, WVZ.-Nr. 56-76, Abb.
- Ausst.-Kat. Poliakoff, Galeria S. Mamède, Lissabon 1972, Kat.-Nr. 16, Abb.
- Ausst.-Kat. Serge Poliakoff, Musée Fabre, Montpellier 1975, Kat.-Nr. 13
- Ausst.-Kat. Serge Poliakoff, Musée des Beaux-Arts, La-Chaux-de-Fonds 1975, Kat.
-Nr. 13
- Ausst.-Kat. Klar Form II, Pori Art Museum, Pori 1984/Malmö Konsthall, 1984, Kat.-Nr. 88, Abb.
- Ausst.-Kat. Serge Poliakoff, Association Campredon Art et Culture, L'Isle-sur-la-Sorgue 1986, S. 17, Abb.
- Ausst.-Kat. Serge Poliakoff, Fondation Pierre Gianadda, Martigny 1987, S. 17, Abb.
- Ausst.-Kat. Serge Poliakoff, The Seibu Museum of Art, Tokyo 1988/Tsukashin Hall, Amagasaki 1988, Kat.-Nr. 29, S. 46, Abb.
- Ausst.-Kat. Serge Poliakoff, Galerie Melki, Paris 1991, Kat.-Nr. 29, S. 81, Abb.
- Ausst.-Kat. Poliakoff - Eine Retrospektive, Museum Würth, Künzelsau 1997, S. 138, Abb.
- Ausst.-Kat. Serge Poliakoff, Künstlerhaus Wien, 1998, S. 138, Abb.
- Durozoi, Gérard: Serge Poliakoff, Angers 2001, S. 188 Abb.
- Im Entstehungsjahr dieses Gemäldes war Poliakoff Preisträger des renommierten Premio Lissone
- Durch den Pinselduktus entsteht eine immense Plastizität und Lebendigkeit inmitten der ausgewogenen Komposition
- Beeindruckende Ausstellungshistorie mit wichtigen Ausstellungen in Europa und Asien
Das Geheimnis der Lebendigkeit der Farben
Im Zentrum eines Meers aus grünlichen Grautönen begegnen sich zwei Formen, die den Blick anziehen: ein Rot und ein Schwarz.
In diesem Gemälde, das Serge Poliakoff 1956 malte, sind alle Farbwerte der ihm so eigenen "Bausteine" vage, in sich polychrom und changierend. Die Oberfläche des Rot flimmert mit seinen Schwarzanteilen, während aus den Tiefen der schwarzen Form ein leuchtendes Gelb hervor strahlt. Aber auch das vermeintlich graue Umfeld ist vielfarbig. Rote und blaue Farbwerte schimmern aus den tieferen Schichten durch. Grünes Pigment ist dem helleren Grau beigemengt. Helle und dunkle Grautöne überdecken einander in lebhafter Spachtel- und Pinselstruktur und geben den Formen eine haptische Oberfläche.
Es gibt eine Anekdote darüber, wie Serge Poliakoff sich den Tiefenaufbau eines Gemäldes, die Über- und Untermalung "begreifbar" gemacht hat: Bei einem Besuch des British Museum (während seines zweijährigen Aufenthalts in London in den 1930er Jahren) war Poliakoff durch den außergewöhnlichen Farbton und die besondere Beschaffenheit der Farbe eines ägyptischen Sarkophags derart neugierig geworden, dass er eines Tages die kurze Abwesenheit eines Museumswächters nutzte, um ein Sakrileg zu begehen: Mit einem extra zu diesem Zweck mitgenommenen Messer kratzte er etwas Farbe von einem der Sarkophage ab, um so die einzelnen übereinander bzw. untereinander liegenden Farbschichten freizulegen. Der so ermittelte Befund deckte sich mit dem, was er längst in seiner künstlerischen Ausbildung gelernt hatte: die Leuchtkraft und Lebendigkeit der Farbtöne beruht auf der Überlagerung einzelner Schichten. (Vgl.: Karin Koschkar: Serge Poliakoff - Biografie. In: Serge Poliakoff. Retrospektive. Ausst.-Kat. Emden 2007, S 185 f.)
Die Nähe zu den Skulpturen Otto Freundlichs, die Poliakoffs Formfindung stark beeinflusst haben, wird in diesem Gemälde deutlich. Die Elemente bekommen durch den lebhaften Duktus eine immense Plastizität; zudem lädt der Meister der École de Paris zu einem Vexierspiel ein: Die Formen sind so angeordnet, dass sie bei intensiver, anhaltender Betrachtung in manchen Bereichen ein Vorne und Hinten suggerieren. Dabei kommt aber keinerlei Unruhe auf, die Komposition ist perfekt auf ihre Stabilität austariert.
Die Verkörperung des Erfolgs
Dieses Gemälde stammt aus der Lebensphase Serge Poliakoffs, in der er nach vielen Jahrzehnten der Unsicherheit nun ganz arriviert war. Er war sich seines eigenen künstlerischen Ausdrucks sicher und hatte seit 1952 eine finanzielle Basis erlangt, die es ihm ermöglichte, von seiner Kunst zu leben. Nun, vier Jahre später, war seine gesellschaftliche und künstlerische Anerkennung so groß, dass er und seine Familie einen ersten festen Wohnsitz in Paris hatten und sich auch manchen Luxus gönnen konnten, mit dem der in großbürgerlichen Kreisen Moskaus aufgewachsene Künstler vertraut war: Er wurde Besitzer eines Rennpferdes und eines (gebrauchten) Rolls Royces.
1956, im Entstehungsjahr dieses Gemäldes, war Poliakoff Preisträger des renommierten Premio Lissone und es erschien die erste Monographie über ihn.
Exemplarisch für diese so überaus positive Phase im Leben des Malers ist die "Composition grise" immer wieder bei wichtigen Ausstellungen in Europa und Asien gezeigt worden und hat in dieser Hinsicht eine ganz außergewöhnliche Historie.
Serge Poliakoffs Werke sind Klassiker. Es ist zeitlos faszinierend, sie zu studieren und sich ihrer Wirkung zu überlassen. Mit seinem einfachen aber unerschöpflichen Formenkanon und dem auf wenige Pigmente zurückzuführenden unendlichen Farbspektrum hat er verschiedenartigste Gemälde und Gouachen geschaffen, die aber alle in ihrem Wesen Andachtsbilder sind. Den Reiz dieser Wirkung zu erfahren und zu verstehen braucht Zeit - und kein Messer, das an der Farbe kratzt.
Robert van den Valentyn
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