1892 Duisburg - 1965 München
Modern | Post War | Contemporary
am
06.06.2024,
Los
7
Taxe: € 20.000
Ergebnis: €
39.600
(inkl. Aufgeld)
MOLZAHN, JOHANNES
1892 Duisburg - 1965 München
Titel: "The Fable of the Contorsionist II".
Datierung: 1947.
Technik: Öl auf Leinwand.
Maße: 124 x 101,5cm.
Bezeichnung: Signiert und datiert unten links: Johs Molzahn 47. Bezeichnet und betitelt verso unten links : JOHANNES MOLZAHN 1947 NEW YORK "THE FABLE OF THE CONTORSIONIST II". Darüber nummeriert: 37.
Rahmen/Sockel: Rahmen.
Das Werk ist im fragmentarischen Gemälde-Inventar von Loretto Molzahn unter der Nummer 37 aufgeführt.
Wir danken dem Johannes-Molzahn-Centrum, Kassel für die freundliche, wissenschaftliche Unterstützung.
Provenienz:
- Nachlass Molzahn
- Loretto Molzahn (zweite Frau des Künstlers), München
- Privatsammlung Hessen
Ausstellungen:
- Galerie nächst St. Stephan, Wien 1973
- Neue Galerie am Landesmuseum Joanneum, Graz 1973, Nr. 38
Literatur:
- Gries, Christian: Johannes Molzahn (1892-1965) und der 'Kampf um die Kunst' in Deutschland der Weimarer Republik (Anhang: Werkverzeichnis der Gemälde von Johannes Molzahn), Diss. Universität Augsburg 1996, WVZ.-Nr. 275 A
- Ausst.-Kat. Johannes Molzahn. Gemälde und Grafik, Neue Galerie am Landesmuseum Joanneum, Graz 1973, Nr. 38
- Eindrucksvolles Beispiel für Molzahns Meisterschaft in multiperspektivischer Gestaltung
- Marktfrische Arbeit aus dem Nachlass des Künstlers
- Charakteristisches Gemälde in attraktiver Farbigkeit
Von Breslau nach Chicago
Von den Nationalsozialisten diffamiert und aus der Breslauer Kunstakademie entlassen, emigriert Johannes Molzahn 1938 in die USA.
Von Seattle zieht er 1941 nach New York, wo er bis zu seiner Berufung ans "Kleine Bauhaus", die New School of Design in Chicago, im Jahr 1943 lebt. 1943 entsteht ein erstes Werk mit dem Titel "The Fable of the Contorsionist". Bei seiner Rückkehr nach New York, 1947, wohin er als Dozent an die New School for Research berufen wird, greift er in der "Fabel des Kontorsionisten bzw. der Kontorsionistin II" Titel und Thematik wieder auf. Diese kontinuierliche Beschäftigung mit Bildthemen, die sich in Variationen weiterentwickeln, ist typisch für sein Werk und seine Arbeitsweise.
Spiritualität in Bewegung
In unterschiedlichem Grad der Kontorsion (lat. contortio, 'Drehung, Windung') ziehen sich die umgangssprachlich auch als "Schlangenmenschen" bekannten, namensgebenden Protagonistinnen und Protagonisten über die Bildfläche. Insgesamt gibt es fünf dieser chiffreartig ausgestalteten Wesen, deren Körper jeweils s-förmig durchbrochen den Blick auf den Hintergrund freigeben und deren Wesenhaftigkeit sich nur aus angedeuteten Gesichtern, Füßen und Händen ergibt. In verschiedene Richtungen strebend, unterstreichen sie den dynamischen Charakter der übrigen Bildkomposition, die durch Architekturfragmente und Reflexionen ohne eindeutigen Fluchtpunkt gekennzeichnet ist. Es ist anzunehmen, dass Molzahn hier seine neue und alte Heimat und Wirkungsstätte New York ins Bild setzt. Die Wolkenkratzer Manhattans, die Spiegelungen und Lichtreflexe in der Oberfläche der Fenster werden zum dynamisch-konstruktiven Bildgerüst, mit dem die abstrahierten Figuren verschmelzen. Am unteren Bildrand befindet sich eine mittig gefaltete Papierbahn, auf die in kunstvollen Lettern die Aufschrift "armariolo in antisma" gedruckt ist. In dieser häufig gebrauchten Wendung - sie taucht in insgesamt 13 seiner Bilder auf - führt Molzahn eine kontinuierliche Beschäftigung mit dem Werk der hochmittelalterlichen Mystikerin Hadewijch fort, deren Visionen seine eigene Spiritualität und damit auch sein Werk prägen. Im XXIX. Brief schreibt Hadewijch: "Armariolo heißt das Innerste der Ader des Herzens, womit man liebt; und Antisma heißt das Innerste des Geistes, womit man lebt und voller Empfindung ist in ernsthafter Bemühung." Die (Nächsten-)Liebe in der geistigen Tätigkeit und die Weitergabe dieses Prinzips in der Lehre lassen sich mit der neu aufgenommenen Tätigkeit in Verbindung bringen, in ihnen zeigt sich eine Art programmatische Selbstvergewisserung.
Johann Herkenhöner
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