1866 Moskau - 1944 Neuilly-sur-Seine
Modern | Post War | Contemporary Art
am
29.11.2023,
Los
150
Taxe: € 80.000
Ergebnis: €
118.800
(inkl. Aufgeld)
KANDINSKY, WASSILY
1866 Moskau - 1944 Neuilly-sur-Seine
Titel: Kleine Welten.
Untertitel: Komplettes Mappenwerk von 12 Druckgrafiken.
Datierung: 1922.
Unterschiedliche Druckmaße. Blattmaße von 30 x 27cm x 36 x 31,5cm. Jeweils signiert und im Druckträger monogrammiert.
a) Kleine Welten I-IV. Jeweils Farblithografie auf Bütten. Zusätzlich im Druckträger
datiert.
b) Kleine Welten V-VII. Jeweils Holzschnitt auf Bütten, zwei davon farbig.
c) Kleine Welten IX-XII. Jeweils Kaltnadelradierung auf Bütten
Propyläen Verlag, Berlin (Hrsg.). In Originalmappe (46 x 35 x 2cm).
.
Erschienen außerhalb der Auflage von 230 Exemplaren.
Provenienz:
- Privatsammlung Nordrhein-Westfalen (seit ca. 1980 durch Erbschaft)
Literatur:
- Röthel, Hans Konrad: Kandinsky - Das graphische Werk, Köln 1970, WVZ.-Nr. 164-175
- Vgl. Grohmann, Will: Kandinsky, Oeuvre Gravé, Paris 1954, Nr. 7-20, Abb.
- Vgl. Brisch, Klaus: Wassily Kandinsky, Bonn 1955, S. 359
- Vgl. Grohmann, Will: Wassily Kandinsky, Köln 1958, S. 186
- Vgl. Wingler, Hans Maria (Hrsg.): Das Bauhaus, Bramsche 1962, S. 316
- Vgl. Riedl, Peter Anselm: Kleine Welten, Stuttgart 1962
- Weber, Klaus: Druckgraphik der Bauhausmeister, Berlin 1999, S. 80-96
- Friedel, Helmut/ Hoberg, Annegret (Hrsg.
): Kandinsky - Das Druckgraphische Werk, Köln 2008, Nr. 123-134, Abb.
- Vgl. Ausst.-Kat. Drucksache Bauhaus, Staatsgalerie Stuttgart, 2020, Kat. III 1-14, Abb
- Kleine Welten entstand kurz nachdem Wassily Kandinsky nach Deutschland zurückgekehrt war und sich Paul Klee am Bauhaus anschloss
- Der Einfluss des Konstruktivismus ist in dieser Serie offensichtlich, ebenso wie Kandinskys zentrales Interesse an der Psychologie der Farbe, die durch geometrische Formen mit ausschließlich abstraktem Charakter zum Ausdruck kommt
- Besonders gut erhaltenes Exemplar mit farbfrischen Druckgrafiken
Während seines "Exils" in Moskau von 1916 bis 1921 beteiligt sich Wassily Kandinsky aktiv an der Neuordnung der dortigen Kunstszene nach der russischen Revolution. So ist er Mitglied der Kunstsektion im Volkskommissariat für Volkserziehung und Professor an der Kunstakademie. 1918 gründet er das Institut für künstlerische Kultur und lehrt 1920 als Professor an der Moskauer Universität. Im Jahr darauf gründet er die Akademie für Künstlerische Wissenschaften, deren Vizepräsident er ist. Da seine Kunstauffassung von den Vertretern des Konstruktivismus als subjektiv und bourgeois abgelehnt wird und ein freies Kunstschaffen durch den Regierungskurs immer schwieriger wird, kehrt er nach Deutschland zurück. Im Juni 1922 beruft ihn Walter Gropius als Professor an das Staatliche Bauhaus in Weimar. Hier übernimmt er neben der Leitung der Werkstatt für Wandmalerei einen Teil der Grundausbildung. Schnell wird er wieder von der deutschen Kunstwelt aufgenommen.
In der Auseinandersetzung mit dem Konstruktivismus und den sachlichen und funktionalen Grundsätzen des Bauhauses wendet sich Kandinsky Anfang der 1920er Jahre zunehmend von den frei fließenden, unregelmäßigen Linien und Formen seiner früheren Arbeiten ab und gelangt zu einer eher geometrischen Form der Abstraktion. Dabei sucht er nicht, wie die Konstruktivisten, alles Individuelle, Gefühle, Emotionen und Intuition zu unterdrücken. Ihm geht es vielmehr darum, den komplexen Konstruktions- und Formenprinzipien eine spontane und intuitive Gestaltungsform entgegenzusetzen.
Eine seiner ersten künstlerischen Arbeiten am Bauhaus ist das Mappenwerk "Kleine Welten" mit einer Folge von 12 Druckgrafiken. Der Titel kann als Synonym für die eigenen Empfindungen betrachtet werden, bezieht sich aber auch auf die Vielfalt der grafischen Techniken. In seinem Vorwort schreibt Kandinsky: "Die "Kleinen Welten" klingen aus 12 Blättern heraus. 4 dieser Blätter sind mit Hilfe des Steins entstanden, 4 - des Holzes, 4 - des Kupfers. Drei Gruppenarten. Jede Art wurde nach der ihr geeigneten Eigenschaft gewählt. Die Eigenschaft jeder Art verhalf dem äußeren Wesen der Gestaltung 4 verschiedener "Kleiner Welten". In 6 Fällen begnügten sich die "Kleinen Welten" mit schwarzem Strich oder schwarzem Fleck. Die 6 anderen brauchten den Klang auch anderer Farben. In allen 12 Fällen bekamen die "Kleinen Welten" im Strich und Fleck die ihnen notwendige Sprache."
Die drei verwendeten Drucktechniken bringen jede für sich unterschiedliche Eigenschaften mit, die Kandinsky in seiner zweiten theoretischen Hauptschrift "Punkt und Linie zu Fläche" von 1928 ausführlich bespricht. Die Kaltnadelradierung erzeugt scharfe, präzise Linien, während der Holzschnitt eine reichere Textur und Tiefe erzeugt. Die Lithografie kommt der Malerei am nächsten. Kandinsky misst den Drucktechniken sogar einen sozialen Wert bei. Die Radierung beschreibt er, sei von "aristokratischer" Natur, fein im Strich und schlecht zu korrigieren. Es lassen sich nur wenige gute Abzüge herstellen. Der Holzschnitt ist handwerklicher Natur und zudem "ausgiebiger und gleichwertiger". Die Lithografie bezeichnet er als "demokratischer", ist sie doch korrigierbar und in großen Auflagen herzustellen. In "Kleine Welten" schafft Kandinsky ein lebendiges Zusammenspiel von Linie und Form, von konstruktiver und amorpher Figuration. Jede Technik hat dabei ihren eigenen "Klang". "Kleine Welten" gilt als Hauptwerk der modernen Druckgrafik. Sehr selten wird das Mappenwerk komplett und in einem sehr guten Erhaltungszustand angeboten.
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