1887 Hannover - 1948 Ambleside
Modern | Post War | Contemporary
am
27.11.2024,
Los
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Taxe: € 40.000
SCHWITTERS, KURT
1887 Hannover - 1948 Ambleside
Titel: Ohne Titel (Fiskutsalgs Eftf.).
Untertitel: Merzzeichnung.
Datierung: 1936/39.
Technik: Papiercollage auf bemaltem Karton.
Maße: 17 x 13,5cm, auf originaler Unterlage montiert: 19,5 x 26,5cm.
Bezeichnung: Signiert unten links auf der Unterlage: Kurt Schwitters. Bezeichnet von fremder Hand verso: preliminary oeuvre catal. Nr. 1936/39, 582.
Rahmen/Sockel: Rahmen.
Provenienz:
- Ernst Schwitters, Lysaker (1948-1988 durch Erbschaft vom Künstler)
- Klipstein & Kornfeld, 1956
- Privatsammlung
- Galerie Papbst, München (Stempel)
- Galerie Gmurzynska, Köln 1989 (Aufkleber)
- Galerie Remmerth & Barth, Düsseldorf 1989
- Privatsammlung Hessen
Ausstellungen:
- Galerie Gmurzynska bei der FIAC, Grand Palais, Paris 1984
- Galerie Gmurzynska, Köln 1984-1985
- Galerie Michael Pabst, München 1988-1989
Literatur:
- Orchard, Karin/Schulz, Isabel: Kurt Schwitters - Catalogue Raisonné, Bd. 2 1923-1936,
Ostfildern-Ruit 2003, WVZ.-Nr. 2080, Abb.
- Ausst.-Kat. Nouvelles Acquisitions 1984/Neuerwerbungen, Galerie Gmurzynska, Köln; FIAC, Grand Palais, Paris 1984, S. 67, Kat.-Nr.S.67, Abb.
- Ausst.-Kat. Die Collage, Galerie Michael Pabst, München 1988, Kat.
-Nr. 35, Abb. 35
- Nestegard, Jutta: Kurt Schwitters i Norge, unveröffentlicht. Typoskript, Magisterarbeit, Varen 1993, Abb. 92
- Stadtmüller, Klaus (Hrsg.): Schwitters in Norwegen. Arbeiten, Dokumente, Ansichten, Hannover 1997, S. 50, Abb.
- Die Collagen gehören zu den gefragtesten Werken des Künstlers auf dem internationalen
Kunstmarkt
- Humorvolles Exemplar aus der Reihe der Merz-Zeichnungen durch die Anordnung der fotografischen Bildelemente
- Interessante Provenienz
Kunst kann alles umfassen
Kurt Schwitters (1887-1948) ist ein deutscher Künstler, Dichter und Schriftsteller, der für seine Beiträge zur Dada-Bewegung und die von ihm entwickelte Kunstform Merz bekannt geworden ist. Er zählt bis heute zu den vielseitigsten und innovativsten Künstlern der klassischen Moderne. Nach einem traditionellen Kunststudium in Dresden wendet er sich nach dem Ersten Weltkrieg der Avantgarde zu, und beginnt ab 1919 einzigartige Collagen und Assemblagen aus Alltagsgegenständen zu schaffen. Schwitters ist der festen Überzeugung, dass Kunst alles umfassen kann.
Die vorliegende Papiercollage zählt zu Kurt Schwitters berühmten Merzzeichnungen und ist im Jahr 1936/39 entstanden. In den 1930er Jahren hält er sich für längere Zeit in Paris, in der Schweiz, in Holland und vor allem immer wieder in Skandinavien, speziell in Norwegen auf, wo er sich Anfang Januar 1937 ganz niederlässt und Deutschland aufgrund der politischen Ereignisse endgültig verlässt. Seit der Machtübernahme der Nationalsozialisten gilt seine Kunst als "entartet". Der Krieg und die Besetzung Norwegens durch die Deutsche Wehrmacht bringen ihn schließlich dazu, nach England zu ziehen, wo er von April 1940 bis zu seinem Tod 1948 lebt und arbeitet.
In der neuen Heimat
Mit dieser Arbeit und vor allem den darin verarbeiteten Fundstücken demonstriert Schwitters das Leben in seiner neuen Heimat in Norwegen und verarbeitet den Geist seiner Zeit. "Kurt Schwitters thematisiert die eigene Zivilisation, indem er mit ihren Überbleibseln arbeitet", so Isabel Schulz (Schulz, Isabell "Die Kunst ist mir viel zu wertvoll, um als Werkzeug missbraucht zu werden". Kurt Schwitters und die Politik, in: Ausst. Kat. Schwitters Arp, Kunstmuseum Basel 2004, S. 200). Die Auseinandersetzung mit aktuellen politischen Themen ist deutlich erkennbar, wenn auch nur subtil angedeutet.
Der leidenschaftliche Sammler Kurt Schwitters kombiniert in der Papiercollage unterschiedliche fotografische Reproduktionen, Papierausschnitte und eine norwegische Rechnung miteinander. Mit spielerischem Charme entsteht aus den einzelnen Relikten ein fantastisches Bilder-Rätsel. Ins Auge fällt vor allem die Hälfte eines undefinierbaren, männlichen Oberkörpers. Frontal und mit verängstigtem Blick starrt die Person in Richtung des Betrachters. Ebenfalls angeschnitten ist das Profil, vor allem das Ohr, eines weiteren Mannes zu erkennen, ohne Hinweise auf dessen Identität. Eine Fotografie von Schaulustigen, Fotografen und möglicherweise Journalisten in der unteren linken Bildhälfte gibt Hinweise auf ein nicht näher beschriebenes möglicherweise politisches Ereignis, das es zu verfolgen gilt. Der Künstler fügt ebenfalls den Ausschnitt einer norwegischen Rechnung einer Fischhandlung bei, die Auskunft über seinen damaligen Wohnort gibt. Schwitters nimmt die einzelnen Fundstücke aus ihrem ursprünglichen Kontext und verwandelt sie in eine neue Komposition mit einer neuen Bedeutung. Dabei geht es ihm in der vorliegenden Arbeit nicht nur um ein Spiel mit Formen, sondern vielmehr darum, vor allem die Brüche und Zerrissenheit der Nachkriegsgesellschaft zu verbildlichen.
Schwitters nutzt seine Kunst als eine Art Tagebuch des Alltags, indem er Gegensätze und Gemeinsamkeiten intensiv miteinander verbindet. So erzählen seine Collagen nicht nur eine einzelne Geschichte, sondern stellen vielmehr eine Sammlung von Ereignissen dar, die in Schwitters einzigartigen Merz Bildern bis zu seinem Tod eine umfassende, ganzheitliche Form annimmt.
Johann Herkenhöner
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