Franz Radziwill - Mechanische Zeit ist nicht des Schoepfers Zeit, 58077-5, Van Ham Kunstauktionen
Franz Radziwill: Mechanische Zeit ist nicht des Schöpfers Zeit aus unserer Rubrik: Mod. Gemälde, Zeichnungen, Aquarelle
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Franz Radziwill - Mechanische Zeit ist nicht des Schöpfers Zeit

1895 Strohhausen/Wesermarsch - 1983 Wilhelmshaven

Moderne und Zeitgenössische Kunst
am 01.06.2016, Los 82
Taxe: € 100.000
Ergebnis: € 283.800
(inkl. Aufgeld)

Radziwill, Franz
1895 Strohhausen/Wesermarsch - 1983 Wilhelmshaven

Mechanische Zeit ist nicht des Schöpfers Zeit. 1947.
. Öl auf Leinwand. Auf Sperrholz aufgezogen. 110 x 138cm. Signiert auf der Kaimauer links: Franz Radziwill. Handschriftlich nummeriert verso: 382. Modellrahmen.

Auf der Rückseite befinden sich zwei Stempel: "DOGANA DI PONTE CHIASSO; T.E." und "... MILANO". Hier finden sich zudem unterhalb der Nummerierung Reste eines alten Ausstellungsaufklebers.

Dem Gemälde beigegeben ist die dazugehörende Studie: Der Hafen (Wilhelmshafen) (Es ist alles möglich). 1946. Ölkreide, Kohle und Aquarell auf Japan. 38,5 x 58,5cm. Monogrammiert unten rechts: F.R. Rahmen. Wvz. Seeba, Nr. 4608.

Provenienz:
Privatsammlung Nordrhein-Westfalen

Ausstellungen:
Graphisches Kabinett Wolfgang Werner, Bremen 1948, o. Nr.
Galerie Aloys Faust 1948, o. Nr.
Kunsthalle Wilhelmshaven 1949, o. Nr. (Aufkleber)
Kunstverein Oldenburg 1955, Nr. 36
Nationalgalerie Berlin/Ost 1957, Nr. 38
Städtische Galerie Schloß Oberhausen, 1962, Nr. 19
Baukunst Galerie, Köln 1968, Nr. 66
Kunsthalle Bremen/Kunstverein Hannover 1971, Nr. 26
Staatliche Kunsthalle NGBK 1981, Nr. 135
Lippische Gesellschaft für Kunst, Lemgo 1981, o.

Nr.
Galerie Westenhoff, Lübeck 1981, Nr. 4, Abb.
Kunstverein Wolfsburg 1981, o. Nr.
Museum für Kindheits- und Jugendwerke bedeutender Künstler, Halle/Westfalen 1982, o. Nr.

Literatur:
Liste des Künstlers 4/382
Erley, Fritz: Franz Radziwill, Hamm 1948, S. 2, Abb. S. 10
Löhneysen, Wolfgang: Franz Radziwill, in: Die Kunst und das schöne Heim, Jg. 69, München 1957, Heft 4, S. 129
Augustiny, Waldemar: Franz Radziwill, Niedersächsische Künstler der Gegenwart, Band 3, Göttingen 1964, S.25
Schultze, Rainer W.: Zwischen verschiedenen Stühlen - zur Biographie Franz Radziwills, in: Ausst.-Kat. Franz Radziwill, Staatliche Kunsthalle NGBK, Berlin 1981, S. 118
Schultze, Rainer W.: Wohin in dieser Welt?, in: Ausst.-Kat. Franz Radziwill, Staatliche Kunsthalle NGBK, Berlin 1981, S. 97, Abb.
Chmielewski, Iko: Franz Radziwill - Übermalungen in seinen Werken, Magisterarbeit, Universität Oldenburg 1989, S. 154
Soiné, Knut: Franz Radziwill - Bilder der Seefahrt, Bremen 1992, S. 22, Farbabb. S. 135
Firmenich, Andrea/Schulze, Rainer: Franz Radziwill - 1985-1983, Köln 1995, Wvz.-Nr. 588 mit Abb.


Wir danken Herrn Prof. Dr. Dr. Gerd Presler für Text und wissenschaftliche Hinweise.

Wer ist dieser Franz Radziwill? Ein "ungeheuerer Maler" oder ein "malendes Ungeheuer"? Mehr als dreißig Jahre nach seinem Tod im August 1983 bleibt er rätselhaft, schwer fassbar zwischen einer verlässlichen, in altmeisterlicher Weise gemalten Wirklichkeit und einer allgegenwärtigen Bedrohung. Der Maler, der ein Leben lang unter einem hohen Himmel am Rande der Nordsee wohnte, kannte den "instabilen, halluzinatorischen Untergrund" (Werner Haftmann, 1986) der Welt. Und es gilt, was Karin Schick (Hamburger Kunsthalle) mit den Worten zusammenfasste: "Der Realismus Radziwills macht das Wirkliche unwirklich." Den Satz könnte man auch umdrehen: "Der Realismus Radziwills macht das Unwirkliche wirklich." Was auf der Leinwand geschieht, verdichtet sich zu einem Ereignis, das den Alltag durchbricht und daran erinnert, was groß und unbekannt jenseits des Horizonts beginnt. Max Beckmann sprach von "magischer Realität", von der "Brücke zum Unsichtbaren", von der "höheren Wirklichkeit des Bildes". Ein langes Malerleben hindurch stand Franz Radziwill am Rande dieses Horizontes, schaute hinüber, dorthin, wo die Unendlichkeit des Raumes in die Zeit stürzt.
Sein Gemälde "Mechanische Zeit ist nicht des Schöpfers Zeit" aus dem Jahre 1947 formuliert ein eigenes Geschehen. Zwei Uhren repräsentieren die mechanische Zeit. Zugleich bricht von allen Seiten das Unbekannte in die getaktete, vermessene Welt ein. Das Dunkle, das sich der Zuweisung an die von Menschen geschaffenen festen Parameter - Sekunden, Minuten, Stunden - verweigert. Nicht messbar, gehüllt in ein unendliches Schwarz.
Was will diese Malerei? "Das Ahnbare" sichtbar machen. Offenbar ist es so: Es gibt eine Wirklichkeit, die wir kennen. Und es gibt eine Wirklichkeit, die wir nicht kennen. Der unbekannte Teil ist größer als der bekannte. Beide sind nicht getrennt - und das führt in die Bedrohung. Aus dem fernen, fremden, unbetretenen, vielleicht auch unbetretbaren Bereich ragen Zeichen herüber. In diesem Gemälde: Es geht ein Riss durch die Welt. Keine Menschen. Selbst dort, wo sie sein müssen, fehlen sie: Ruderlos treiben ein Boot und eine Jolle mit schwarzem Segel über einem Abgrund, in dem mythische Wesen wohnen, Wassergeister, Nixen, die in die Tiefe ziehen. Kriegsgerät überall: Im Himmel, auf dem Wasser. "Ich habe von den Malern des Absurden, von Hieronymus Bosch beispielsweise, Anregungen erhalten. Aber ich bin ein Mensch des 20. Jahrhunderts. Die Hölle brauchte ich nicht zu erfinden. Ich erlebe sie ja rings um mich her. Es ist Wirklichkeit, was ich male." Die Kunstgeschichte zählt Franz Radziwill zu den "magischen Realisten". Anders als Otto Dix, George Grosz, Georg Scholz und Karl Hubbuch, die die sozialen Verhältnisse ihrer Zeit gnadenlos aufdeckten; anders als Christian Schad, der die Menschen "mit dem Skalpell sezierte"; anders auch als Alexander Kanoldt, Georg Schrimpf und Franz Lenk, die das Elend der Städte hinter sich ließen und in die Idyllen der Landschaft und des Stilllebens flohen, bricht bei Radziwill eine unheimliche Weite in die Bilder ein. Das "Unheimliche" entzieht dem Menschen das Zuhause, nimmt ihm jede Eingeborgenheit. Für Franz Radziwill gingen von Raum und Zeit immer auch Gefahren, besser: Gefährdungen der menschlichen Existenz aus: "Die Malerei des Raumes macht ahnbar, dass wir verfolgt werden. Wir lernen nicht, es sei denn durch Katastrophen. Das ist in meinen Bildern. Meine Bilder sind räumlich weit ausgespannt. Sie überzeugen durch Unheimlichkeit. Sie machen etwas empfindbar." So spricht ein Skeptiker, einer, der begriffen hat, was menschliches Handeln leitet. "Wir leben im Zeitalter der Angst. Was haben wir erobert? Einen Zuwachs an Krieg. Unsere Zeit hat Angst, etwas über sich selbst zu erfahren." Damit nimmt er eine eigene, kunstgeschichtlich bedeutsame Position ein, als Maler und als Mensch. Es ist nicht leicht zu verstehen, was er "anspricht". Gerade in der unmittelbaren Nachkriegszeit 1946/47 entstehen so eine aquarellierte Zeichnung und ein Gemälde, die beide ein tiefes Wissen versammeln um die Bedrohung, um die magische Besetztheit der Wirklichkeit.

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372. Moderne und Zeitgenössische Kunst,
am 01.06.2016, Los 82
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