1902 Berlin - 1968 Köln
Modern
am
27.11.2019,
Los
243
Taxe: € 35.000
Ergebnis: €
38.700
(inkl. Aufgeld)
NAY, ERNST WILHELM
1902 Berlin - 1968 Köln
Titel: Eichhorn-Bild.
Datierung: 1933/34.
Technik: Öl auf Leinwand.
Maße: 81,5 x 72,5cm.
Bezeichnung: Signiert und datiert unten links: EW Nay 33/34.
Rahmen/Sockel: Rahmen.
Auf der Rückseite befindet sich ein vom Künstler verworfenes und übermaltes Gemälde (Kuh-Motiv) im Querformat (72,5 x 81,5cm), das posthum 1998 freigelegt wurde.
Wir danken Herrn Aurel Scheibler für die freundliche, wissenschaftliche Unterstützung.
Provenienz:
- Elly Nay, Berlin
- Sammlung Gerhard F. Reinz, Köln
Ausstellungen:
- Kestner Gesellschaft, Hannover 1950, Kat.-Nr. 9
- Galerie Boisserée, Köln 2015, Kat.-Nr. 87, Abb.
Literatur:
- Scheibler, Aurel: Ernst Wilhelm Nay - Werkverzeichnis der Ölgemälde, Bd. I, 1922-1951, Köln 1990, WVZ.-Nr. 147, Abb. (hier die Maße des Rahmenausschnittes: 79,5 x 69,5cm)
- Haftmann, Werner: E. W. Nay, Köln 1960, S. 54f.
- Nay, Elly: Ein strahlendes Weiß - Meine Zeit mit E. W. Nay, Berlin/Köln 1984, S. 61
- Galerie Boisserée (Hrsg.): Hommage à Gerhard F. Reinz, Köln 2015, Kat.-Nr. 87, Abb.
Seine ersten künstlerischen Schritte macht Ernst Wilhelm Nay als Autodidakt. Er besucht abends Kurse für Aktzeichnung und nutzt jede freie Stunde, um zu malen.
1924 beginnt er ein Studium an der Berliner Kunstakademie bei seinem Förderer Karl Hofer. Doch bald muss er feststellen, dass die malerische Auffassung des Lehrers nicht die seine ist. Denn Nay interessiert weniger die konventionelle naturalistische oder psychologische Beschreibung, als vielmehr das Malerischen an sich, wobei er schon zu dieser frühen Zeit einen Hang zur Abstraktion verspürt. Als Meisterschüler Hofers verlässt er 1928 die Akademie. Im Selbststudium lotet er nun seine eigenen Ausdrucksmöglichkeiten aus. So findet er während eines Stipendiums 1931/32 an der Villa Massimo in Rom von den Surrealisten, allen voran Max Ernst, inspirierte Bildlösungen. In den beiden folgenden Jahren malt er phantasievolle und mythische, abstrahierte Darstellungen von Mineralien, Pflanzen und Tieren in fahlen Farbtönen kombiniert mit dunklen Kontrasten.
Als Abschluss dieser Reihe gestaltet Nay unser "Eichhorn-Bild": Das Gemälde wird von dem pastosen schwarzen Grund beherrscht, dem wie versteinerte Abdrücke in einer Schieferplatte pflanzliche Formen eingeschrieben sind. Darüber befinden sich rot-braune vegetative Gebilde, von denen eines als Blattmaske oder aber auch als Eichhörnchen lesbar ist. Sie verleihen der Komposition Vitalität und einen naturrhythmischen Klang. Eine geheimnisvolle Atmosphäre geht von dem Bild aus, der wir uns nicht entziehen können. Gesteigert wird diese durch das hellblaue Auge mit großer schwarzer Iris im Bildzentrum. Es scheint uns zu beobachten und zugleich aufzufordern, in seine Welt einzutauchen.
In der Darstellung des Auges, vor allem in der hier gezeigten spitz-ovalen Form, findet Nay ein Thema, das er in seinem Schaffen immer wieder aufgreifen wird. Denn es impliziert das Sehen und Gesehen-werden. Und das Auge ist Symbol für magische Kräfte und bannende Abwehr sowie für Licht und geistiges Bewusstsein. Diese Assoziationen bringt er dann 1963/64 in seinen völlig abstrakten "Augenbildern" mit vehementer Kraft zum Ausdruck.
Johann Herkenhöner
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