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Lesser Ury - Auktion 300, Los 539

1861 Birnbaum - 1931 Berlin

Moderne und Zeitgenössische Kunst
am 31.05.2011, Los 539
Taxe: € 30.000
Ergebnis: € 38.700
(inkl. Aufgeld)

Ury, Lesser
1861 Birnbaum - 1931 Berlin

Unter den Linden mit Blick auf das Brandenburger Tor. 1920er Jahre. Öl auf Leinwand. Auf Holz aufgezogen. 9,5 x 15,8cm. Signiert unten links: L. Ury. Modellrahmen.

Als einer der ersten Maler Deutschlands wagt sich Lesser Ury in die Licht- und Farbenwelt
der Impressionisten vor, wobei er auch die Themenwahl der französischen Vorbilder
aufgreift. So reizt ihn vor allem das moderne Großstadtleben zu immer wieder neuen
Kompositionen. Bei der Erarbeitung dieses Sujets interessieren ihn weniger topographisch
genaue Ansichten als vielmehr das unverwechselbare "Gesicht" der jeweiligen Metropolen -
sei es Paris, London oder Berlin - herauszustellen. An der deutschen Hauptstadt, in die er
1887 endgültig zurückkehrt, faszinieren ihn besonders die diffusen Lichtspiegelungen, wie
sie nur eine Großstadt im Regen hervorbringt. Virtuos gibt er die farbigen Reflexe auf den
asphaltierten Straßen bei Tag und Nacht wieder.

Der Künstler Ury ist ein stiller Beobachter, der keine Geschichten erzählen, sondern
Stimmungen beschreiben will. Und der Maler Ury denkt in Farben, mit denen er verzaubern
will. Daher kommt es ihm nicht auf die detailgetreue Schilderung des Gesehenen an, sondern
auf die atmosphärische Formulierung des optischen Erlebnisses.

So sind ihm Menschen und
Dinge lediglich malerische Erscheinungen, wobei er die Lebendigkeit und zugleich
Flüchtigkeit des Eindrucks durch auflösende Konturen und Formen wiedergibt. Auch der oft
ungewöhnliche Bildausschnitt, den Ury wählt, dient ihm für seine allgemeingültigen
Aussagen. Was Ury uns also mitteilt, ist ein Zustand: die vibrierende Nervosität der
Weltstadt Berlin. Einfühlsam erfaßt er die Poesie und den urbanen Lebensrhythmus des
pulsierenden Treibens, ohne jedoch - wie etwa Otto Dix oder George Grosz - die Verführung
und die sittliche Bedrohung durch den Moloch Großstadt aufzudecken. Mit Farbe, Licht und
Schatten fängt er das Wesen der Stadt ein, ihre Hast, ihre Eleganz und ihren Glanz. Berlin
im Regen. Nichts weiter ist dargestellt, und dennoch ist hier eine ganze Skala von
Emotionen abzulesen: Lebensfreude und Melancholie, Begierde und Einsamkeit.

Profilbild Johann Herkenhöner

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Johann Herkenhöner

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300. Moderne und Zeitgenössische Kunst,
am 31.05.2011, Los 539
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