1607 Leiden - 1674 Amsterdam
Fine Art
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17.05.2024,
Los
1014
Taxe: € 18.000
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34.320
(inkl. Aufgeld)
LIEVENS, JAN1607 Leiden - 1674 Amsterdam
Titel: Der reuige Petrus.
Datierung: Um 1625.
Technik: Öl auf Holz.
Maße: 49,5 x 38cm.
Rahmen: Rahmen.
Gutachten:
Verzeichnet in der online-Datenbank des RKD, Den Haag, unter der Abb.Nr. 297658.
Literatur:
B. Schnackenburg: Jan Lievens: Freund und Rivale des jungen Rembrandt: mit einem kritischen Katalog des Leidener Frühwerks 1623-1632, Petersberg 2016, Nr. 13, S. 173.
Provenienz:
möglicherweise Sammlung Johan van der Burgh, Den Haag (das Verzeichnis der Witwe führt 1741 ein Gemälde auf, das als "Petrus, geschildert door Jan Lievensz." beschrieben wird;
Kunsthandel Jack Kilgore, New York 2012;
Privatbesitz, Deutschland bis 2019;
Kunsthandel Bijl-Van Urk, Alkmaar 2019;
Privatbesitz, Deutschland.
Der aus Leiden stammende Jan Lievens war - selbst nach den Maßstäben der damaligen Zeit - ein außergewöhnlich früh entwickelter Künstler. Er lernte ab seinem neunten Lebensjahr den Beruf des Malers: zunächst in seiner Heimatstadt bei Joris van Schootel, dann von 1618 bis 1620 in Amsterdam bei Pieter Lastman.
Zurück in Leiden teilte er sich ab 1625 für fünf Jahre das Atelier mit einem gewissen Rembrandt Harmenszoon van Rijn, der ebenfalls aus Leiden stammte und etwa gleichaltrig war.
Auch Rembrandt hatte - allerdings etwas später als Lievens und nur sechs Monate lang - bei Pieter Lastman gelernt. Die beiden Malerfreunde spezialisierten sich auf Porträts und Historienbilder und arbeiteten teilweise eng zusammen. Die kunsthistorische Forschung hat bis heute oft Mühe, ihre nicht signierten Werke eindeutig zuzuordnen.
Um 1632 ging Jan Lievens zunächst für drei Jahre nach England, wo er Kontakt zum Hof hatte und möglicherweise von von Anthonis van Dijck beeinflusst wurde. Es folgten Stationen in Antwerpen, wo er 1635 der Lukasgilde beitrat und 1640 das Bürgerrecht erhielt, in Amsterdam, Den Haag, Berlin (Schloss Oranienburg) und schließlich, ab 1655 wieder dauerhaft in Amsterdam. Lievens erhielt wichtige öffentliche und private Aufträge und war ein überaus erfolgreicher Künstler. Allerdings scheint der Maler kein wirtschaftliches Talent gehabt zu haben und die vielen Ortswechsel werden auch mit seiner gelegentlichen Flucht vor Gläubigern erklärt. 1674 starb Jan Lievens verarmt in Amsterdam.
Wohl um 1625 - also in der Zeit, in der er sich in Leiden ein Atelier mit Rembrandt teilte - malte Jan Lievens das hier vorgestellte Andachtsbild des reumütigen Petrus, des Stadtpatrons seiner Heimatstadt Leiden (die Schlüssel Petri zieren bis heute das Wappen der Stadt).
Petrus nimmt im Neuen Testament eine besondere Rolle unter den Jüngern Jesu ein. Er ist der erste Jünger, der Jesus nachfolgt, wird von ihm zum Menschenfischer erkoren und ist immer an der Seite seines Meisters. Petrus ist der Fels, auf dem der Sohn Gottes seine Gemeinde errichten will und er bekommt von Jesus die Schlüssel des Himmelreichs versprochen. Einer, der dem Heiland selbst so nahe war, der selbst ein Heiliger ist, könnte für gläubige Christen ein unerreichbares Vorbild sein.
Aber Petrus bezeichnet sich selbst schon bei seiner Berufung als "sündigen Menschen". Seiner mutigen Ankündigung, für Jesus zu kämpfen und mit ihm in den Tod zu gehen, wird er nicht gerecht. Vielmehr schildern alle Evangelien, dass Petrus, wie von Jesus vorhergesagt, drei Mal feige seine Zugehörigkeit zu seinem Meister verleugnet, als dieser dem Hohepriester Kaiphas vorgeführt wird. Als der Hahn kräht, erkennt Petrus, dass die Prophezeiung eingetreten ist "und weint bitterlich".
Der über sich selbst, seine Untreue und seine Feigheit verzweifelte, in Tränen aufgelöste Jünger ist ein Motiv, das Künstler seit der Renaissance und besonders im Barock immer wieder dargestellt haben. Der Bildtypus "Petrus in lacrima" konnte den gewöhnlichen Sterblichen vor Augen führen, dass selbst der erste der Jünger Jesu schwach und allzu menschlich war. Die exemplarische Anerkennung der unweigerlichen Sündhaftigkeit des Menschen und seine Überantwortung in Gottes Gnade machte die Figur des Petrus in den protestantischen Niederlanden zu einem Motiv, das zwischen altem und neuem Glauben vermitteln konnte.
Dieses Gemälde zeigt Petrus, der Bildtradition folgend, fast kahlköpfig. Sein voller und dunkler, nur von wenigen hellen Strähnen durchzogener Bart lässt ihn aber jünger erscheinen, als es bei diesem Bildtypus gewöhnlich der Fall ist. Das Gesicht ist auch wegen der starken Emotionen verzerrt und faltenreich. Doch seine zum flehenden Gebet gefalteten Hände, die den Schlüssel als Attribut halten, gehören einem Mann, der mitten im Leben steht; einem wettergegerbten Fischer, wie ihn der niederländische Maler im Volk beobachtet haben kann.
Schon durch seinen Lehrer Pieter Lastman war Jan Lievens mit Einflüsse aus Italien in Berührung gekommen. Seit etwa 1615 jedoch hatten die aus Rom zurück gekehrten Utrechter Caravaggisten völlig neue künstlerische Eindrücke und Stilmittel in die Niederlande gebracht, die auch in Lievens vorliegendem Gemälde Eingang finden. Die starke Beleuchtung, die den betenden Heiligen von der oberen linken Bildecke kommend trifft, gehört ebenso dazu, wie die beschriebene realistische Persönlichkeitsdarstellung. Der starke, pastose Farbauftrag, die Modellierung der Falten und besonders augenfällig der Hände zeigen aber auch die Ähnlichkeit zwischen den persönlichen Stilen Lievens' und Rembrandts.
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