1938 Wien - 2022 Mistelbach
Modern | Post War | Contemporary
am
27.11.2024,
Los
531
Taxe: € 20.000
Ergebnis: €
26.400
(inkl. Aufgeld)
NITSCH, HERMANN
1938 Wien - 2022 Mistelbach
Titel: Ohne Titel.
Datierung: 1987.
Technik: Öl und Blut auf Karton, auf Leinwand aufgezogen.
Montierung: Mit Rupfen hinterspannt.
Maße: 93 x 76cm.
Bezeichnung: Signiert, datiert und bezeichnet oben rechts: hermann nitsch 1987 wiener secession.
Rahmen/Sockel: Rahmen.
Das Werk ist im Zuge der 20. Malaktion Wiener Secession am 18.2.1987 entstanden. Der Arbeit liegt eine Expertise des Atelier Hermann Nitsch, Wien, vom 10. Oktober 2023 vor. Das Werk ist unter der Archivnummer P_100x165_87 verzeichnet.
Provenienz:
- Neumeister, München, 24.5.2007, Lot 1033
- Privatsammlung Deutschland
- Hermann Nitsch gilt als der prominenteste Vertreter des Wiener Aktionismus und entwickelt das Konzept des Orgien Mysterien Theaters
- Charakteristische Arbeit mit hohem Wiedererkennungswert
- Spannungsvolle Komposition unter Verwendung des ungewöhnlichen Malmittels Blut in Kombination mit Ölfarbe
Der österreichische Maler, Zeichner und Performancekünstler Hermann Nitsch ist neben Günter Brus, Otto Muehl und Rudolf Schwarzkogler einer der Hauptvertreter des Wiener Aktionismus, der in den 1960er Jahren eine Erneuerung der Kunst über den Tabubruch in Form einer Art kultischen Handlung anstrebt.
Die politischen, religiösen und kulturellen althergebrachten gesellschaftlichen Strukturen sollen mittels Happening-artiger Rituale aufgebrochen werden. Dabei greifen die Künstler auf religiöse Motive und Formate zurück wie Predigt, Prozession, Opfer, Selbstkasteiung oder Märtyrertum und verfremden diese. Seit 1969 publiziert Hermann Nitsch seine Gedanken zu seinem zentralen Thema, dem Orgien Mysterien Theater, einem Gesamtkunstwerk, das in seinen Leidensanklängen Parallelen zur Passion Christi sowie in seinen orgiastischen Elementen Anlehnungen an den antiken Dionysos-Kult aufweist und vor Zuschauern aufgeführt wird. Die zahlreichen Publikationen des Künstlers geben Hinweise auf die Abläufe der Aktionen sowie der Szenerie, die alljährlich über sechs Tage stattfinden sollen, so die Theorie.
1972 erwirbt Nitsch zu diesem Zweck das spätbarocke Schloss Prinzendorf in Niederösterreich, hier finden Teilrealisationen statt. "die erfahrungen, welche während des 6-tagespiels durch die intensiven lebensrituale gewonnen werden, sollen sich auf das ganze leben ausbreiten. das orgien mysterien theater soll eine keimzelle von intensivem leben und intensiver daseinserfahrung sein. Die ästhetisierung, ritualisierung und verdichtung des lebensprozesses soll aber über das feierliche konzentrierte spiel hinausgehen. Das leben selbst, der tägliche lebenslauf soll ästhetisches schönes ritual werden, soll zum fest werden.", so umreißt der Künstler seine Ziele. (Herman Nitsch in: Künstler. Kritisches Lexikon der Gegenwartskunst, München 1990, Ausgabe 11, S. 2) Die Spiele zur Feier der menschlichen Existenz sind drastisch. Sie verbinden Elemente aus Performance-Kunst, der Musik, des Theaters sowie der bildenden Kunst und streben Katharsis bei den Teilnehmern an. Tiere, Tierblut sowie -eingeweide kommen zum Einsatz und verweisen auf Leid, Gefahr und Tod. Blut wird in den Aktionsmalereien von Nitsch zum Malmittel, er bringt es auf großformatige Leinwände auf, lässt es von der oberen Kante der Bildträger herablaufen, träufelt es auf und wälzt sich auch mit dem ganzen Körper auf dem Bildträger. Erst seit 1989 greift Nitsch zu anderen Farben als Rot und verwendet ein tiefes Blau, Flaschengrün und Violett.
Die Arbeit "Wiener Secession" aus dem Jahr 1987 steht exemplarisch für die Aktionsmalerei von Hermann Nitsch. Ein Geflecht aus Blut- und Farbspritzern wird von einem roten, vertikal in das linke Bilddrittel gesetzten Balken gehalten und strukturiert, ein hochästhetisches, ausgewogenes Bildgefüge. Der Bildtitel unterstreicht noch einmal den Erneuerungsgedanken, den Nitsch mit seiner Kunst verfolgt, nimmt er doch Bezug auf eine Gruppe von Künstlern zur Zeit des Fin de siècle, die sich ebenfalls von den damaligen traditionellen Stilen absetzten will.
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