1889 München - 1938 Berlin
Moderne und Zeitgenössische Kunst
am
02.06.2015,
Los
91
Taxe: € 60.000
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SCHRIMPF, GEORG
1889 München - 1938 Berlin
Zwei Mädchen auf der Ofenbank. 1927. Öl auf Leinwand. 71 x 59cm. Signiert und datiert unten rechts: G Schrimpf 27. Rahmen.
Provenienz:
Privatsammlung Niedersachsen
Ausstellungen:
Münchener Neue Secession XIII, Glaspalast München, 1927 (hier betitelt "Mädchen am Ofen")
Kestner Gesellschaft Hannover, 1933, Kat.-Nr. 10 (hier betitelt "Kinder am Ofen")
Kestner Gesellschaft Hannover, 1954, Kat.-Nr. 164 (Aufkleber)
Galerie Nikolaus Fischer, Frankfurt/ Main 1992
Literatur:
Storch, Wolfgang: Georg Schrimpf und Maria Uhden. Leben und Werk. Mit einem
Werkverzeichnis von Karl-Ludwig Hofmann und Christmut Praeger, Berlin 1985, Wvz.-Nr.
1927/5, S. 222, Abb.
Ausst.- Kat. Georg Schrimpf. Ölbilder. Aquarelle. Galerie Nikolaus Fischer, Frankfurt/
Main 1992, o.P. (Abb. 9)
Erst spät widmet sich Georg Schrimpf ganz seiner Kunst. Als Autodidakt bildet er sich u.a.
auf seinen Italienreisen ab 1909 und 1913 während des sehr kurzen Besuches der Kunstschule
in München aus. 1915 lässt er sich schließlich als freischaffender Maler in Berlin nieder
und stellt dort im folgenden Jahr in der "Sturm"-Galerie erstmals aus. Zur Zeit seiner
Übersiedlung nach München 1918 malt er dann das erste Ölbild und beginnt seinen ganz
eigenen Ausdrucksmöglichkeiten zu entwickeln.
Inspirationsquellen sind ihm hierfür u.a.
die spirituelle Bildwelt Marcs und der dekorative Primitivismus Rousseaus wie auch die
Ideen der Rückkehr zur Gegenständlichkeit neuklassischer Auffassung von Carrà, dem
konservativen Vertreter der "Valori Plastic". Durch die Auseinandersetzung mit diesen so
verschiedenen Kunstströmungen gelangt Schrimpf zu einem rationalen, ganz von der Linie
bestimmten Bildaufbau, einer klaren Formgebung und einer zurückhaltenden Farbigkeit. Mit
einer auf das Große zielenden Einfachheit der Mittel und Formen verleiht er seinen Bildern
einen Zauber, die voller Geheimnisse ist. Das macht ihn zwischen 1922 und etwa 1926 zu
einem wichtigen Vertreter der Neuen Sachlichkeit.
Schrimpfs charakteristische Malweise dieser Zeit finden wir auch bei den "Zwei Mädchen auf
der Ofenbank". In häuslicher Umgebung sitzen die beiden Kinder ruhig und gelassen dicht
beieinander. Jedes von ihnen ist in sich gekehrt und hängt den eigenen Gedanken nach.
Dennoch ist ihre Verbundenheit spürbar, nicht nur durch die zueinander geneigten Köpfe,
sondern auch durch ihre Körperhaltungen, die zusammen einen Halbkreis beschreiben. Dieser
ist eingebettet in das staccatoartige Gefüge aus senkrechten und waagerechten Umrisslinien
der Handtücher und Kleidungsstücke, der Ofenkacheln und des -simses sowie der Bank. Nur
deren Lehne weist Diagonalen auf und gibt wie die Schattenangaben eine gewisse Raumtiefe.
Das Stilllebenhafte dieser Szenerie wird durch das verhaltene Kolorit unterstützt. Mit
dieser abgeklärten und emotionslosen Darstellung der kindlichen Gestalten in einem
harmonisierten Bezug zum Mitmenschen und Lebensumfeld gibt Schrimpf kein Abbild der
Wirklichkeit wieder. Vielmehr schildert er einen Idealentwurf von seinem Welt- und
Menschenbild, das geprägt ist von der Suche nach seelischem Ausgleich. Damit weist sein
Vorstellung vom Menschen weit über das der Neuen Sachlichkeit hinaus: "Hier ist der Mensch
nicht Objekt, nicht manipulierbar, nicht Massenwesen. Noch träumt er, noch ist er nicht zu
vollem Bewußtsein erwacht, noch weiß er wenig über sich selbst und nichts u?ber seine
Bestimmung. Er hält an der Schwelle zwischen Kindheit und Erwachsenwerden, Traum und
Realität, Natur und Zivilisation. Er scheint verletzbar und doch begabt, dieses Leben zu
bestehen. Dieses Menschenbild, an der Grenze zwischen Sachlichkeit und Magie, ist die
eigenste und bleibende Leistung Georg Schrimpfs". (Schmied, Wieland: Georg Schrimpf und
Italien, in: Storch, Wolfgang: Georg Schrimpf und Maria Uhden. Leben und Werk. Mit einem
Werkverzeichnis von Karl-Ludwig Hofmann und Christmut Praeger, Berlin 1985, S. 12).
Johann Herkenhöner
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353. Moderne und Zeitgenössische Kunst,
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