1890 Tulln - 1918 Wien
Modern | Post War | Contemporary Art
am
05.06.2023,
Los
18
Ergebnis: €
95.040
(inkl. Aufgeld)
SCHIELE, EGON
1890 Tulln - 1918 Wien
Titel: Ohne Titel (Liegender Akt mit erhobenen Beinen).
Datierung: 1912.
Technik: Grafit auf chamoisfarbenem Similijapan.
Maße: 46,5 x 31,5cm.
Bezeichnung: Signiert und datiert unten rechts: EGON SCHIELE 1912.
Rahmen/Sockel: Rahmen.
Provenienz:
- Galerie St. Etienne, New York
- Viktor Gruen, New York
- Privatsammlung Deutschland
Literatur:
- Kallir, Jane: Egon Schiele - The Complete Works, New York 1998 (2. Aufl.), WVZ.-Nr. 1010, Abb.
- Egon Schiele schuf in seinem kurzen Leben ein wegweisendes Oeuvre und beeinflusste Generationen von Künstlern nachhaltig
- Seine Frauenzeichnungen werden als eine der kraftvollsten Darstellungen der menschlichen Gestalt im 20. Jahrhundert international gefeiert
- Die Zeichnung ist von Zartheit und erotischer Intensität geprägt, die charakteristisch für Schieles Kunst ist
Es ist viel zu sehen auf dieser Zeichnung - aber doch auch nicht wirklich viel.
Der Körper der Frau füllt das Blatt in der Diagonalen gänzlich aus. Stößt an den Blatträndern an. Eindeutig ist der Kopf in der oberen rechten Bildecke. In starker Untersicht gezeichnet, ist der Mund ekstatisch geöffnet. Die linke Hand hält die Liegende in der Höhe ihrer Kehle.
Eindeutig auch die gespreizten Schenkel, das angedeutete Schamhaar. Der rechte Arm ist parallel zum Körper ausgestreckt - hier beginnt die Mehrdeutigkeit - die Hand auf Höhe des linken Beines. Keine Brust ist zu sehen, kein Geschlecht.
Egon Schiele, der Hochbegabte, der manische Zeichner und Maler, der mit seinem Talent immer auffiel, aber bei Hütern der Tradition auch immer aneckte, der fokussiert war auf die Darstellung des menschlichen Körpers und auf seine Sexualität, zeigt in dieser Zeichnung alles und doch auch nichts.
Im Frühjahr 1912 musste der 22-jährige Egon Schiele wegen der "öffentlichen Zurschaustellung unsittlicher Zeichnungen" eine 24-tägige Gefängnisstrafe verbüßen. Im Rahmen der Fahndung nach einem vermissten Mädchen war sein Atelier in Neulengbach durchsucht worden. Alle Anklagepunkte bezüglich Entführung und Unzucht wurden fallen gelassen. Die Tatsache, dass Schieles Atelier aber für Dritte, auch Kinder, zugänglich war und diese eine dort vorgefundene, anstößige Zeichnung sehen konnten, genügte für eine Verurteilung.
Als Reflex auf diese Erlebnisse kann das vorliegende Blatt gesehen werden; ein Ausloten im Spiel zwischen Wollen und Dürfen. Die Zeichnung ist hoch erotisch und doch verbirgt sie alles. In der aktuellen Zeit, in der der freie Umgang mit Sexualität und ihrer Darstellung vielfältig in Frage gestellt wird, ist dieses Blatt von einer eindrücklichen Aktualität.
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