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Katalog 379 | Alte Kunst

chen Bezüge untereinander erahnen, wie Maler über Werke der Kollegen informiert waren. Mitteltafel eines kleinen Retabels? Die hier genannten Verkündigungsdarstellungen sind zumeist auf den Flügelaußenseiten von Retabeln angebracht und oft auf zwei Tafeln verteilt. Ihr Format ist größer als das der Verkündi- gung in Privatbesitz. Der Darstellung der Verkündigung kommt eine wichtige Bedeutung zu, da sie den Augenblick darstellt, in dem Maria Gottes Erlösungsplan zustimmt und die Inkarnation erfolgt. Die Begebenheit, mit der das christologische Heilsgeschehen in Gang gesetzt wird, wird daher seit der Frühzeit an prominenten Stellen im Kirchenraum gezeigt, etwa an Triumphbögen oder als Hauptaltarbilder. Flügelaltäre wurden nur an wenigen Festtagen im Jahr geöffnet. Durch die häufig anzutreffende Wahl der Verkündigung auf den Flügelaußenseiten war somit gewährleistet, dass dem Betrachter der Beginn des Heilsgeschehens die meiste Zeit des Jahres vor Augen stand und steht. Die Verkündigung an Maria ist aber auch auf Flügelinnenseiten zu finden, zumeist als eine Szene aus dem Marienleben. Die Tafel in Privatbesitz könnte also auch – wie die Verkündigung des ebenfalls vielleicht in Frankfurt/M. entstandenen Seligenstädter Altars, der in das Darmstädter Landesmuseum gelangte –, Teil einer Flügelinnenseite gewesen sein. Da die Tafelrückseite aber keine Sägespuren zeigt, die darauf hindeuten würden, dass sie von einem gespaltenen Flügel stammt, ist es wahrscheinlicher, dass es sich um die Mitteltafel eines kleinen Retabels gehandelt haben könnte. Als Vergleichsbeispiel kann hierzu das um 1480 datierte Retabel des flämischen Meisters der Brügger Ursulalegende angeführt werden, das sich im Indianapolis Museum of Art in Indianapolis, USA befindet. Abb.12 Meister des Monis-Altars, tätig in Frankfurt am Main (?), Darmstädter Kreuzigungsretabel, Flügelaußenseiten (je 128 x 65,5 cm). Zuletzt: München, Galerie Weinmüller Abb.13 Meister des Wolfskehler Altars, tätig in Worms (?), Wolfskehler Altar, Flügelaußenseiten (je 244 x 85 cm). Darmstadt, Hessisches Landesmuseum Abb.11 Martin Schongauer, tätig in Colmar, Orlier-Altar, Flügelaußenseiten (je 188 x 55 cm). Colmar, Musée Unterlinden


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