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Bereits im Jahr 1836 wurde im böhmischen Klostermühle die erste Glashütte gründet, die damals vor allem Gebrauchsglas produziert. Es war dieser Betrieb, der 1851 von einem Dr. Franz Gerstner und seiner Frau Susanne erworben wurde. Susanne war die Witwe des Glasfabrikanten Johann Loetz, dem die Glasfabriken Deffernik, Hurkental, Annatal und Vogelsang gehört hatten. Gerstner überschrieb seiner Frau kurz nach dem Erwerb seine Anteile an dem Betrieb, die diesen daraufhin in "Johann Loetz Witwe" umbenannte. 1879 übergab Susanne Lötz die Manufaktur an ihre Tochter und deren Ehemann Maximilian Ritter von Spaun.
Im Sommer 1897 besuchte Max von Spaun eine Ausstellung im Nordböhmischen Museum für Industriekunst in Reichenberg, bei der Glas des amerikanischen Unternehmens Louis Comfort Tiffany gezeigt wurde. Bei dieser Gelegenheit erkannte er wohl das wirtschaftliche Potential einer erschwinglicheren Variante des irisierenden Favrilglases, mit dem der amerikanische Konkurrent große Erfolge erzielte.
Bereits 1895 und 1896 hatte Loetz Patente für irisierendes Glas mit "metallischem Schimmer" erhalten. Erste Glaswaren in Jugendstilformen fanden sich ab 1896 im Sortiment des Unternehmens. Ab 1898 begann man mit der Produktion eigener
irisierender Waren, die zuerst offen als "im Tiffany-Stil" deklariert wurden. Allerdings begnügte man sich nicht damit das das Glas der amerikanischen Konkurrenz zu imitieren, sondern begann mit eigenen, neue Designs und dekorativen Techniken zu experimentieren.
Das Ergebnis war eine Decorserie, die unter dem Namen "Phänomen" bekannt werden und der Glashütte Loetz zu ihrem großen internationalen Erfolg verhelfen sollte. Auf der Pariser Weltausstellung im Jahr 1900 präsentierte man einige dieser Stücke, die das Auge der Jury durch ihr Leuchten, den metallischen Schimmer und die bewegt fließenden Fadendekore auf sich zogen. Völlig überraschend verlieh man der Glashütte Loetz den begehrten Grand Prix, womit diese sich plötzlich auf einer Ebene mit großen Namen der Glaskunst wie Émile Gallé, Daum Frères oder auch Tiffany wiederfand. Zur selben Zeit begann die Firma Loetz damit Kooperationen mit Künstlern der Wiener Werkstätten einzugehen, deren innovative Entwürfe dem Unternehmen weitere Erfolge bescherte.
Der Höhenflug der Firma Loetz war enorm aber kurzlebig. Bereits ab 1903 ging der Absatz stark zurück. Zwar wurden bis zum Ausbruch des 1. Weltkrieges mehrere Versuche unternommen um das Geschäft durch neue Entwerfer oder Verkaufsstrategien wiederzubeleben, jedoch wurden diese mit Kriegseinbruch im Keim erstickt. Rohstoffe und Arbeitskräfte wurden unbezahlbar oder waren nicht zu bekommen. Auch nach Kriegsende gelang es dem Betrieb nicht sich finanziell zu erholen, so dass er 1939 endgültig geschlossen werden musste.
Heute ist das Glas der Firma "Johann Loetz Witwe" auf Auktionen von Liebhabern heiß begehrt und in den großen und wichtigen internationalen Sammlungen zu finden.
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