1575 Calvenzano - 1642 Bologna
Fine Art
am
19.11.2020,
Los
1050
Taxe: € 60.000
Ergebnis: €
61.920
(inkl. Aufgeld)
RENI, GUIDO
1575 Calvenzano - 1642 Bologna
Titel: Heiliger Petrus (?).
Datierung: 1608-1610.
Technik: Öl auf Leinwand.
Maße: 108 x 76cm.
Rahmen/Sockel: Rahmen.
Ausstellungen:
Da Giotto a De Chirico. I tesori nascosti. Ausst. Santarcangelo di Romagna 2016, S. 100.
Proveniez:
Kunstmarkt, England;
Privatbesitz, Italien.
In seinem Katalogbeitrag zu der Ausstellung "Da Giotto a de Chirico. I tesori nascosti" (MuSa, Salò, 2016) hat Erich Schleier das vorliegende Gemälde ausführlich in den Werkkontext Guido Renis einordnen und es als eigenhändiges Werk des italienischen Barock-Meister bestätigen können. Schleier datiert das Werk 1608/1610, also in Renis Zeit in Rom, bevor er 1614 nach Bologna zurückkehrte, wo er die Malerei der Bologneser Schule prägte.
Eine wohl etwas frühere Fassung des vorliegenden Gemäldes existierte (nachweislich bis 1984) in einer Londoner Privatsammlung. Bis auf wenige Abweichungen - die Fingerhaltung, die Gestaltung der Blätter des Buches und der Mantelfalten - entsprechen sich diese beiden originären Werke Renis. Das etwas kleinere Londoner Bild ist bekannt unter dem Titel "Hl. Petrus mit Buch".
Schleier stellt diese ikonographische Zuordnung in Frage. Tatsächlich entsprechen die tränenfeuchten Augen und die Physiognomie des Dargestellten dem bekannten Topos des "Petrus in lacrima", des bereuenden, büßenden Jüngers.
Dieses Thema haben Guido Reni und seine Mitarbeiter auch mehrfach variiert gemalt. In diesen Darstellungen schaut Petrus jedoch meist über gefalteten Händen oder mit einer Hand vor der Brust in verzweifelter Reue zum Himmel. Das Buch kommt in den bekannten Fassungen nicht vor. Auch ist der Mantel Petri in keinem der Gemälde rot. Zur Wiedererkennbarkeit durch die Gläubigen gehörte eine gewisse "Kleiderordnung", die die Künstler einhielten und tradierten, und das Gewand von Petrus ist in Gemälden des Barock mehrheitlich blau mit einem gelben bis braunen Mantel. So wie ihn auch Guido Reni in seinem bekannten Gemälde "Die Aposteln Petrus und Paulus" (Pinacoteca di Brera, Mailand) malte.
Der rote Mantel in Verbindung mit dem Buch als Attribut sind typische Erkennungsmerkmale für den Hl. Hieronymus und Erich Schleier stellt diese Hypothese auch in seinem oben erwähnten Essay auf. Allerdings ist der asketische Eremit Hieronymus in Darstellungen gemeinhin ausgezehrter und unter seinem roten Mantel nackt.
Eine andere Idee könnte schlüssiger sein: Buch und roter Mantel sind oft tradierte Attribute des Apostels Paulus. So hat auch Guido Reni in dem oben erwähnten Gemälde in Mailand den - allerdings jüngeren - Apostel gemalt.
Die tränenfeuchten Augen des Heiligen in dem vorliegenden Gemälde sind eher verhalten und sein ganzer Gestus ist nicht so dramatisch wie in der "Petrus in lacrima"-Tradition.
Als Schreiber des 2. Korintherbriefes, der auch der "Tränenbrief" genannt wird, würde der Gestus passen und in eben diesem Brief behandelt Paulus im ersten Kapitel "Gottes Trost in Trübsal".
Das Beispiel dieses beeindruckenden Portraits zeigt, dass auch das Werk eines so "erforschten" Künstlers wie Guido Reni immer noch Rätsel birgt.
Wir danken Erich Schleier, Berlin, der die Zuschreibung des vorliegendes Gemäldes auf Grundlage einer hochaufgelösten Digitalfotografie bestätigt hat.
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458. Fine Art,
am
19.11.2020,
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