1797 Dresden - 1855 Dresden
Alte Kunst
am
14.11.2014,
Los
519
Taxe: € 60.000
Ergebnis: €
283.800
(inkl. Aufgeld)
Oehme, Ernst Ferdinand
Dresden 1797 - 1855
"Bergkapelle im Winter". Öl auf Leinwand. 78 x 110cm. Signiert und datiert unten rechts: E. Oehme 1842. Rahmen.
Provenienz:
- Dresdener Akademische Kunstausstellung 1842 unter dem Titel "Kapelle im Gebirge, Winterlanschaft";
- Ankauf des Sächsischen Kunstvereins;
- durch Verlosung an Kreishauptmann von Schwarzenfels in Altenberge bei Kahla;
- Privatsammlung Mecklenburg-Vorpommern ab 1970er Jahre.
Literatur:
- aufgeführt in: Boetticher, Friedrich von: Malerwerke des Neunzehnten Jahrhunderts, Band II,1, S.174 Nr. 43;
- Neidhardt, Hans Joachim: E.F. Oehme. Werkverzeichnis der Gemälde und bildmäßigen Zeichnungen. In: Bischoff, Ulrich (Hrsg.): Ernst Ferdinand Oehme 1797-1855. Ein Landschaftsmaler der Romantik. Ausst.-Kat., Staatliche Kunstsammlungen, Albertinum, Dresden/ Museum für Kunst und Kulturgeschichte, Lübeck, Dresden 1997, S.173-222, S.206.
Gutachten:
Hans Joachim Neidhardt, Dresden 15. Juli 2014.
Ernst Ferdinand Oehme gehört zu den wichtigsten Vertretern der Dresdner Romantik. Johan Christian Clausen Dahl und Caspar David Friedrich förderten das Talent des jungen Malers, dessen romantisch-fromme Symbolik vordergründiger und zugänglicher ist als die seines Lehrers Friedrich.
Im Gegensatz zu dessen visionär abstrahierender Sicht kommt es Oehme dabei durchaus auch auf das Pittoreske seiner Motive an. Enge Freundschaften schloss
er mit den Malern Ludwig Richter und Karl Gottlieb Peschel. Oehme gehörte der Montagsgesellschaft an, 1846 erhielt er den Titel Hofmaler und die Ehrenmitgliedschaft der Kunstakademie. Mit dem Thema der Bergkapelle hat sich der Dresdner etwa ein Jahrzehnt lang beschäftigt und fertigte mindestens sechs Arbeiten auf Papier an.
Die hier vorliegende wiederentdeckte Arbeit bezeichnet Prof. Dr. Hans Joachim Neidhardt in seinem Gutachten als "ein Hauptwerk des Künstlers aus dessen fruchtbarster Schaffenszeit. Zugleich markiert es einen Höhepunkt der Malerei der deutschen Spätromantik." Er stellt es in eine Reihe mit den drei bekanntesten Werken der deutschen Spätromantik.
Noch im gleichen Jahr seiner Entstehung 1842 stellte der Sächsische Kunstverein Ernst Ferdinand Oehmes Bergkapelle aus, um es anschließend anzukaufen und setzte damit ein
deutliches Zeichen für die Relevanz des Gemäldes und die Wertschätzung des Künstlers. Anschließend gelangte die Malerei in den Besitz des Kreishauptmanns von Schwarzenfels
in Altenberga bei Kahla. Anfang der 1970er Jahre rettete ein Kunsthistoriker aus Mecklenburg-Vorpommern das inzwischen völlig verschmutzte Gemälde im Rahmen einer Entrümpelungsaktion auf einem Gutshof vor der endgültigen Vernichtung. Der Zustand des Bildes veranlasste den neuen Besitzer, das Werk eigens zu restaurieren. Bei der Reinigung legte er unter der dicken Schmutzschicht die Signatur Ernst Ferdinand Oehmes frei. Durch eine professionelle Restaurierung im Vorfeld der Auktion wurden die laienhaften Restaurierungen der 70er Jahre behoben, die glücklicherweise auf der Schmutzschicht lagen, so dass die Originalsubstanz kaum in Mitleidenschaft gezogen wurde.
Hans Joachim Neidhardt schreibt in seinem Gutachten:
"Das Bild führt den Betrachter in eine gebirgige Gegend. Es ist ein glasklarer Wintermorgen. Die hinter der Kapelle aufgehende Sonne färbt den Horizont zartrosa; nach vorn geht der Himmel in kräftiges Hellblau über. Solche Himmel erinnern an Oehmes Lehrer
Caspar David Friedrich. In ähnlicher Weise wie jener hinterlegt er seine Bildvision mit Elementen realistischer Beobachtung. Die überzeugende Wirkung des Gemäldes liegt vor allem in seinem einfachen malerischen Konzept der drei kontrastierenden Zonen, des hellen Himmels, der im morgendlichen Schatten liegenden Gebirgszüge und der blendend weißen Schneefläche des Vordergrundes, über der sich die markante, spitzgiebelige Fassade des
Kirchleins erhebt, deren Gestalt vielleicht von einem Eindruck aus dem nahen Nordböhmen angeregt ist.
Der Komposition liegt ein auf Bedeutsamkeit zielendes symmetrisches Prinzip zu Grunde, das sich - objekt- und inhaltsbedingt - mit dem Dreiecksschema der Figura piramidale verbindet. Schon Friedrich hatte sich öfters dieser Bildordnung bedient, besonders wenn es sich, wie hier bei Oehme, um Berge oder Berggipfel handelt. Friedrichs frühe Gemälde "Kreuz im Gebirge" (Tetschener Altar) und der ähnlich komponierte "Ausblick ins EIbtal" (1807) kommen dabei nicht zufällig in den Sinn (Abb.1).
Oehme übernimmt ikonographische Elemente des Bildvokabulars der Dresdner Frühromantik wie düstere und winterliche Stimmungen, aber auch Burgen, Kirchen und Ruinen, Kapellen und
Friedhöfe, Mönche und Pilger. Aber er deutet sie auf seine eigene, spätromantisch-poetische Weise um.
Die Aussage des Werkes war ihm hier offenbar besonders wichtig. Sie ist jener in seinem spektakulären Frühwerk "Dom im Winter" von 1821 (Abb.2) sehr ähnlich, wo Mönche über einen
verschneiten Klosterhof auf das weit geöffnete Domportal zuschreiten, hinter dem rötlich-warmes Licht aufscheint. Der Inhalt ist der gleiche: In der Kälte und Dunkelheit der Welt leuchtet das Evangelium auf. Diese Botschaft der Hoffnung symbolisiert die Kapelle mit dem Kreuz auf der Giebelspitze und dem rötlichen, Wärme verheißenden Schein hinter dem gläsernen Türbogen. Hier sind es einfache Leute, Zeitgenossen, die, Pilgern gleich, aus dem Tale durch tiefen Schnee dem Ort der Andacht auf dem Berggipfel zustreben. Wie stark sich der Künstler mit dieser Botschaft identifizierte, bezeugen seine eigenen interpretierenden Verse:
Vom Schnee der Nacht leicht angeweht,
Hier oben die Kapelle steht
Im frühen Morgenstrahle.
Das helle, warme Kerzenlicht
Klar durch die bunten Scheiben bricht.
Es ruft zum heil'gen Mahle.
Das Glöcklein schallet bis ins Thal:
Ein jeder löse seine Qual,
Es dringt tief in die Seele.
Oh mache dich von Sünden frey,
Dass deine Wallfahrt froher sey;
Die Schuld nur nicht verhehle!
Oehme war ein frommer Mann und zugleich ein malender Poet. Den Lenau unter den Malern nannte ihn der Freund Ludwig Richter. "Seine schönsten Bilder" schreibt er in seinen Lebenserinnerungen, "waren stets Stimmungsbilder ganz eigentümlicher, hochpoetischer Art" Die "Bergkapelle im Winter" gehört dazu. Schon 1839 hatte der Künstler die Vision einer romanischen Kapelle zwischen kahlen Eichen in einsamer, tief verschneiter
Landschaft in einem Aquarell realisiert. (Neidhardt WV 125) Ein kleinformatiges, mit flüchtigem Pinsel hingestrichenes Wasserfarbenblatt "Bergkapelle im Winter" im Besitz des Dresdner Kupferstichkabinetts (Abb.3) gilt als vorbereitende ldeenskizze zum Gemälde. (Neidhardt WV 184). Ein weiteres Blatt mit dieser Thematik wird seit 1945 vermisst (,'Kapelle auf einem Berg bei Abendrot" (sic !). Neidhardt WV 185).
Im Jahre 1850 hat Oehme sich erneut mit dem Bilde beschäftigt. Anlass war wohl die Anfrage nach seiner Beteiligung an einem Album (Abb.4) der deutschen Künstlerschaft zu Ehren des Bayernkönigs und "Kunstbeschützers" Ludwig I. Die aquarellierte Federzeichnung als Vorarbeit zu dem Albumblatt zeigt eine im Vordergrund veränderte Fassung des Motivs. (Neidhardt WV 255). Sie befindet sich im Dresdner Kupferstichkabinett. Die wesentlich kleinere Fassung für das König-Ludwig-Album ist ein reines Aquarell und wird ergänzt durch das - ein wenig sentimentale - Gedicht des Künstlers. (Neidhardt WV 256) Von der außerordentlichen Popularität des Bildes zeugt seine Verbreitung als Radierung von W. Witthöft' die nach diesem Aquarell wohl kurz nach 1850 angefertigt wurde.
Das Gemälde "Bergkapelle im Winter" ist ein Hauptwerk des Künstlers aus dessen fruchtbarster Schaffenszeit. Zugleich markiert es einen Höhepunkt der Malerei der deutschen Spätromantik. Im gleichen Jahr 1842 malte Ludwig Richter das große Bild
"Abendandacht" und Moritz von Schwind ein Jahr später "Der Ritt Kunos von Falkenstein" - beide im Museum der bildenden Künste Leipzig. Carl Spitzwegs bekanntestes Bild "Der arme
Poet" (1835) war wenige Jahre zuvor entstanden. Mit der "Bergkapelle im Winter" gesellt sich Oehme zu dieser Troika."
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342. Alte Kunst,
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