1887 Meschede - 1914 Perthes-les-Hurlus
Modern | Post War | Contemporary | NFT
am
30.11.2022,
Los
65
Taxe: € 15.000
Ergebnis: €
22.313
(inkl. Aufgeld)
MACKE, AUGUST
1887 Meschede - 1914 Perthes-les-Hurlus
Titel: Radfahrer auf der Straße.
Datierung: 1913.
Technik: Tusche auf Transparentpapier.
Maße: 27 x 32cm.
Bezeichnung: Datiert unten rechts: 1913. Verso Nachlassstempel mit der handschriftlichen Nummer: St 6/2. Auf ehemaliger Rahmenrückwand von fremder Hand bezeichnet, betitelt und datiert. Hier zudem nochmals der Nachlassstempel.
Rahmen/Sockel: Modellrahmen.
Provenienz:
- Stuttgarter Kunstkabinett R.N. Ketterer, Stuttgart, 35. Auktion, 20. - 21.5.1960, Kat.-Nr. 362
- Galerie W. Grosshennig (Plakette auf Rahmen)
- Unternehmenssammlung Deutschland
Ausstellungen:
- Kunstverein Braunschweig 1954, Kat.-Nr. 119
- Galerie Vömel, Düsseldorf 1956, Kat.-Nr. 32
- Spendhaus Reutlingen 1958, Kat.-Nr. 32
Literatur:
- Heiderich, Ursula: August Macke - Zeichnungen, Werkverzeichnis, Stuttgart 1993, WVZ.-Nr. 1807, Abb.
- In einem wichtigen Jahr großer Schaffenskraft entstanden, in dem Macke zu einem individuellen Malstil findet
- Die dargestellte Dynamik des Radfahrers zeigt deutlich die Einflüsse des Futurismus
- Das städtische Leben und ihre Menschen sind zentrale Motive im Oeuvre des Künstlers
Zeichnungen und Aquarelle begleiten das malerische Werk des rheinischen Expressionisten August Macke seit seinen künstlerischen Anfängen um 1904.
In zahlreichen Skizzenbüchern entstehen sowohl flüchtige Entwürfe und vorbereitende Kompositionsstudien als auch autonome Zeichnungen auf losen Blättern. Alle charakteristischen Themen und Motive der Bilder Mackes finden sich in den Zeichnungen wieder: Spaziergänger im Park, auf der Straße oder vor Schaufenstern, Landschaften, Porträts seiner Frau Elisabeth, Tanzszenen, Zirkus- und Aktdarstellungen sowie Abstraktionen. Verschiedenste Zeichenmaterialien kommen zur Anwendung: Bleistift, Kohle und Kreide, die eine tonreiche Linie hervorbringen, Feder und Silberstift, die kühler wirken, aber auch Tusche und seltener Sepia, mit der hohe malerische Werte erzielt werden können. Teils werden die Blätter fein ausgearbeitet, teils hält der Künstler nur skizzenhaft den ersten, spontanen Eindruck einer Situation fest, die, so vorformuliert, zu einem späteren Zeitpunkt vielleicht Eingang in seine Malerei findet. Zu seinen Beweggründen für das Zeichnen äußert sich August Macke schon 1904 als junger Kunststudent der Düsseldorfer Kunstakademie: "Fast immer habe ich auf der Straße das Skizzenbuch zur Hand, um Bewegungsabläufe von Menschen und Tieren allmählich voll beherrschen zu lernen, denn das lehrt einen kein Professor, und es ist das Wichtigste, was es gibt." (Macke an seine Mutter, 1.12.1904, in: Frese, Werner/Güse, Ernst-Gerhard (Hrsg.): August Macke, Briefe an Elisabeth und die Freunde, München 1987, S. 35)
Im Oktober 1912 sieht Macke im Kölner Salon Feldmann erstmals Arbeiten der italienischen Futuristen im Original. Ist er auch nicht so technikaffin wie die italienischen Künstler, so fasziniert Macke doch der Versuch der Futuristen, verschiedene Raum- und Zeitebenen simultan darzustellen. So entstehen 1913 einige Zeichnungen, die aufeinanderfolgende Bewegungsphasen in formaler Dopplung, Reihung und Überschneidung zeigen. Etwas später entdeckt der junge, rheinische Expressionist die bildnerischen Ideen zur Simultanität von Robert Delaunay und entwickelt die Anregungen der Futuristen weiter.
Die ausdrucksstarke Tuschezeichnung einer städtischen Straßenszene von 1913 geht direkter vor. Mit schnellem, sicherem Strich skizziert August Macke einen Radfahrer, der sich im Vordergrund links scheinbar aus dem Blatt heraus, auf den Betrachter zubewegt. Weder die Personen noch die Architekturen der Szenerie sind ausgearbeitet, sondern mit wenigen Strichen abstrahierend angedeutet. Der Fokus der Zeichnung liegt auf der physikalischen Vorwärtsbewegung des Radfahrers, die über sich kreuzende Schraffuren um das Vorderrad herum zur Darstellung gebracht wird. Die Dynamik der Radbewegung, die in den sie umgebenden Raum abstrahlt, wird so eingefangen. Das schöne Blatt August Mackes dokumentiert eindrucksvoll seine Beschäftigung mit dem künstlerischen Gedankengut der Zeit und bringt diese sehr gekonnt zum Ausdruck.
Johann Herkenhöner
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