1564 Dordrecht - 1651 Utrecht
Fine Art
am
17.11.2023,
Los
1210
Taxe: € 10.000
Ergebnis: €
92.400
(inkl. Aufgeld)
BLOEMAERT, ABRAHAM1564 Dordrecht - 1651 Utrecht
Titel: Madonna mit Kind.
Datierung: 1617.
Technik: Öl auf Holz.
Maße: 43 x 34cm.
Bezeichnung: Signiert und datiert oben rechts: A. Bloemaert / 1617.
Rahmen: Rahmen.
Provenienz:
Privatbesitz, Deutschland.
Die Auffindung dieser Bildtafel ist eine kleine kunsthistorische Sensation, betrifft sie doch einen der einflussreichsten niederländischen Maler des späten 16. und 17. Jahrhunderts: Abraham Bloemaert.
Das Gemälde ist nicht nur signiert, sondern auch mit der Jahreszahl 1617 datiert. Es befand sich seit Jahrzehnten in Privatbesitz und kann nun, da es der Öffentlichkeit und der Forschung wieder zugänglich ist, helfen die vierhundert Jahre zurückliegende Entwicklung eines bedeutenden Künstlers weiter zu erhellen.
Vermutlich 1564 wurde Abraham Bloemaert als Sohn eines Bildhauers und Architekten geboren. Beeinflusst durch die Kunst Frans Floris', Cornelis Sprangers, die Schule von Fontainebleau und die Haarlemer Manieristen wurde Bloemaert in seiner ersten Lebenshälfte zu einem der führenden manieristischen Maler seiner Zeit. Um 1610 ändert sich seine Malerei nachhaltig und dieser neue Blick wurde dem über 50jährigen Meister - recht untypisch - von seinen ehemaligen Schülern eröffnet.
Abraham Bloemaert war ein äußerst interessierter und einflussreicher Lehrer. Er gilt als der "Vater der Utrechter Schule". Außer vier seiner Söhne sind urkundlich 29 Schüler bekannt, man geht aber davon aus, dass es eher etwa 100 Maler waren, deren Karriere in Bloemaerts Werkstatt begann oder die diese zeitweise begleiteten - unter ihnen Hendrick ter Brugghen, Gerard van Honthorst, und Jan Bijlert. Diese Schüler waren es, die nach der Ausbildung bei "Meister Bloemhaert" nach Italien zogen, dort mit der Kunst Caravaggios einen immensen Impuls bekamen und diese völlig neuartige Seh- und Malweise wiederum in die Heimat brachten: Die Utrechter Caravaggisten. Hendrick ter Brugghen kam schon 1615 nach Utrecht zurück und es kann davon ausgegangen werden, dass er wieder Kontakt zu Abraham Bloemaert aufnahm.
Unser datiertes Andachtsbild ist gerade in dieser Zeit, 1617, entstanden. Das Brustbild der Maria füllt fast den gesamten Bildraum. Sie präsentiert den Jesusknaben nicht als den zukünftigen Erlöser, sondern lässt ihren Blick auf dem Kind ruhen. Mutter und Kind sind ganz aufeinander konzentriert.
Maria umgibt kein Heiligenschein. Ein rotes, in das Haar geflochtenes Band, das auch das Kopftuch hält, überführt dessen Präsenz in eine ganz irdische Funktion. Wäre Maria nicht durch das rote Gewand und den ultramarinblauen Mantel erkennbar, könnte es sich bei dem Gemälde auch um eine Darstellung der innigen mütterlichen Liebe irgendeiner jungen Frau handeln.
Stilistisch betrachtet, hat Bloemaert hier seine Darstellung in vielen Aspekten schon von der manieristischen mehr zu einer naturalistischen Körperlichkeit der Personen gewandelt.
Marias Hals ist nicht mehr überlang, wie in früheren Darstellungen, ihre Hand und die Gliedmaßen des Kindes entsprechen natürlichen Proportionen. Die Gesichtszüge der Gottesmutter sind allerdings noch idealisiert und stilisiert. Auch ist das Licht so eingesetzt, dass ein Leuchten von dem Antlitz auszugehen scheint. Dies ist kein Portrait. Bei aller gewonnenen Natürlichkeit bleibt eine artifizielle Feinheit.
Bei einem vermutlich wenige Jahre später entstandenen, thematisch identischen Andachtsbild (heute Tokio, Fuji Art Museum) ist diese Entwicklung deutlich weiter fortgeschritten. Die Alltäglichkeit der heiligen Personen, die Caravaggio revolutionär in die Kunst einführte, wurde hier von Abraham Bloemaert so überzeugend umgesetzt, dass das Tokioer Gemälde in der Fachliteratur auch unter dem Titel "Mutter mit Säugling" profanisiert begegnet.
Die signierte und datierte Maria mit dem Kind stellt ein spannendes Verbindungs-Element zwischen der manieristischen und der barocken Personendarstellung des "Vaters der Utrechter Schule" dar.
Wir danken Gero Seelig, Schwerin, der die Zuschreibung des vorliegenden Gemäldes auf Grundlage einer hochauflösenden Digitalfotografie bestätig hat, für seine Hilfe bei dessen Katalogisierung.
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