Europäisches Kunstgewerbe
am
13.11.2015,
Los
1650
Taxe: € 30.000
Ergebnis: €
70.950
(inkl. Aufgeld)
MUSEALER KLASSIZISMUS MEHRZWECKTISCH.
Um 1785-90. Werkstatt David Roentgen.
Mahagoni poliert. Beschläge aus Messing und Bronze mit Resten von Vergoldung. Ovale Grundform. Vier leicht konisch verlaufende Vierkantbeine auf Würfelsabots, die Schauseiten mit Riffelblech verziert. Die Wandung mit akzentuierten
Verkröpfungen, diese mit runden Beschlägen und Kanneluren, die Schublade und Seiten mit
Perlfriesen. Die Schublade ist als Schreibfach mit zwei kleinen Innenschüben und
lederbespannter Platte gestaltet. Durch das Herausziehen der Schublade wird ein
Geheimmechanismus ausgelöst, durch den sich zwei seitliche segmentbogenförmige Schubladen
öffnen. Die Platte ziert tlw. ein abschließender Galerierand
. 74x75x51cm. Zustand C.
Provenienz:
-Sammlung Mangner, Marburg, laut dessen Angaben in den 1950er Jahren
aus der Sammlung der Fürsten von Sayn-Wittgenstein erworben
-Durch Erbgang Privatsammlung Rheinland.
Literatur:
- Huth, Hans: Roentgen, München 1974. Typus vergleiche Abb. 154.
Greber, Josef Maria: Abraham und David Roentgen, Starnberg 1980. Typus vergleiche Abb. 620
und 621.
- Fabian, Dietrich: Abraham und David Roentgen, Bad Neustadt/Saale 1996. Typus vergleiche
Abb.
78, 82, 83 und 84.
- Büttner, Andreas/ Weber Woelk, Ursula/ Willscheid, Bernd: Edle Möbel für höchste Kreise,
Neuwied 2007. Typus vergleiche S.188, Abb 27.6.
- Willscheid, Bernd und Thilmann, Wolfgang: Möbeldesign, Neuwied 2011. Typus vergleiche
S.271, Nr.27.
- Koeppe, Wolfram: Extravagant Inventions, New York 2012. Typus vgl. S.180 und 181, Nr.54.
Der Typus des ovalen Mehrzwecktisches wurde in der Roentgen Werkstatt in den 1770er Jahren
entwickelt und im Laufe der folgenden Jahre immer wieder in der Gestaltung dem aktuellen
Zeitgeschmack angepasst.
Vergleichbare Tische befinden sich heute u.a. im Palastmuseum Pawlowsk, im Schloss
Fasanerie bei Fulda und im Museum Glauchau.
Mehrere solche Tische erwarb auch der russische Zarenhof in St. Petersburg (Willscheid
2011), der in den 1780er Jahren Roentgens wichtigster Auftraggeber wird. Baron von Grimm
empfahl Roentgen an die Zarin, so heißt es in einem Brief Grimms an Katharina II.: "Ein
anderer einzigartiger Mann nimmt auch in diesem Moment den Weg nach Sankt Petersburg. Es
ist Herr Röntgen, ein berühmter Herrnhuter, und ohne Zweifel der erste
Kunstschreiner-Mechaniker des Jahrhunderts. So wirkt die Anziehungskraft; die besten Köpfe
ziehen sich gegenseitig an, und weil Eure Majestät nicht nach Neuwied an den Rhein gehen
kann, begibt sich der große Röntgen nach Petersburg an die Newa" (Fabian 1996. S.361).
Im Jahre 1783 reist David zum ersten Mal nach Sankt Petersburg. Ein zeitgenössischer
Bericht lautet wie folgt: "Vor einigen Tagen kam der wegen Verfertigung schöner Meublen,
selbst zu Versailles und Paris bekannte Mechanikus, David Röntgen, mit einer ganzen Ladung
vortrefflicher Meublen hier an. Ihro kayserl. Majestät nahmen selbige selbst in
Augenschein, bewunderten ihre Schönheit und kauften den ganzen Vorrath für einen sehr
ansehnlichen Preis an sich..." (Fabian 1996.S.361).
In den Jahren 1783 bis 1790 reiste Roentgen fünfmal nach Russland. Der Transport der Möbel
von Neuwied nach Petersburg dauerte etwa drei Monate. Roentgen nutzte insbesondere die
Wintermonate für den Landtransport seiner kostbaren Möbel, die dann auf Schlitten schonend
über den weichen Schnee befördert wurden. Alle seine Möbel waren für den Transport
konzipiert und in der Regel in Einzelteile zerlegbar. So geht aus einem Verzeichnis der
beschäftigten Handwerker von 1779 hervor, dass in Roentgens Werkstatt ein Meister mit zwei
Gesellen ausschließlich Transportkisten baute.
Auch Friedrich Wilhelm II. von Preußen war ein großer Verehrer und Bewunderer Roentgens.
1791 ernennt er David Roentgen zum Königlich Preußischen Kommerzienrath. Hierzu bemerkte
Freiherr von Wackerbarth auf seiner Rheinreise: "...und so heißt ein Tisch(l)er: Herr
geheimer Rath! - Dies ist sicher das einzige Beispiel in der ganzen Weltgeschichte, daß
ein Tisch(l)er ein geheimer Rath ward" (Fabian 1996:S.317).
Beeindruckend auch der Besuch Friedrich Wilhelms II. am 7. November 1792 in Neuwied. In
seinem Gefolge befanden sich u.a. Carl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig und Carl August
von Sachsen-Weimar-Eisenach sowie der Prinz von Nassau-Siegen. Roentgen führte den hohen
Besuch durch seine Manufaktur, wo im Anschluss an die Besichtigung zusammen mit dem
wiedischen Fürstenhaus ein Mittagessen eingenommen wurde.
Doch schon im selben Jahr beginnt David Roentgen mit der Auflösung seiner Manufaktur, die
Produktion wurde eingestellt, ein Großteil der Arbeiter entlassen und Möbelvorräte
verkauft. So endete nach einem halben Jahrhundert die Produktion feinster Luxusmöbel, die
an Qualität und Raffinesse unerreicht bleiben und noch heute die Welt begeistern.
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362. Europäisches Kunstgewerbe,
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