VAN HAM Restitutionen
Am 10. Februar 2022 haben die Königlichen Museen für Schöne Künste in Brüssel erstmals ein Gemälde aus ihrer Sammlung restituiert: Lovis Corinths „Stillleben – Rote und rosa Rosen in Vase auf Tischtuch (Blumen)“ von 1913. Nun kommt dieses herausragende Gemälde des deutschen Expressionisten, das einst dem jüdischen Unternehmerehepaar Gustav und Emma Mayer aus Frankfurt am Main gehörte, in der Frühjahrsauktion bei Van Ham zum Aufruf. Damit stellt Van Ham erneut sein besonderes Engagement um Restitutionen unter Beweis, durch das auch nach Jahren bewegter Geschichte Gerechtigkeit erlangt werden kann.
Das deutsch-jüdische Ehepaar Gustav und Emma Mayer führte ein erfolgreiches Unternehmen in Frankfurt am Main. Rechtzeitig erkannten sie die Bedrohung durch die Nationalsozialisten und flohen schließlich 1938 über Italien und die Schweiz nach Brüssel. Bereits durch die Auswanderungsausgaben, die Reichfluchtsteuer sowie die Judenvermögensabgabe war von dem Vermögen der Mayers kaum noch etwas vorhanden. Die etwa 30 Werke umfassende Kunstsammlung konnte durch eine Spedition von Frankfurt nach Brüssel transportiert und dort eingelagert werden. Nach 14 Monaten in Belgien gelangte die Familie Mayer im August 1939 – wenige Tage vor Kriegsausbruch – nach Großbritannien und ließ sich in Bournemouth nieder. Ihre in Brüssel zurückgelassenen Gemälde sah sie nie wieder – diese wurden zwischen 1942 und 1943 durch die von Hitlers Gefolgsmann Alfred Rosenberg geleitete NaziSondereinheit aus dem Lager geraubt und in Beschlag genommen. Nach Kriegsende wurde das Gemälde von dem Kunstexperten Leo Van Puyvelde geborgen, der einem Komitee der Alliierten zum Schutz und zur Restitution von Kulturgütern angehörte. Da zum damaligen Zeitpunkt der ursprüngliche Besitzer nicht ermittelt werden konnte, wurde das Blumenstillleben 1951 den Königlichen Museen in Brüssel übergeben.
Rund 80 Jahre nach dem Raub durch die Nazis und nach jahrelangen Recherchen wurde das Gemälde von Lovis Corinth nun an die Erbengemeinschaft des Ehepaars Mayer restituiert. Es ist die erste Rückgabe eines Kunstwerks der Königlichen Museen der Schönen Künste in Brüssel, das einer jüdischen Familie im Zweiten Weltkrieg geraubt wurde. „Diese Rückgabe, die erste durch die Museen der Schönen Künste, ist ein starkes Signal: Auch Jahrzehnte später kann die Gerechtigkeit siegen“, sagte der für Museen zuständige belgische Staatssekretär Thomas Dermine. Die Rückgabe des Gemäldes sei auch „eine Gelegenheit, die Menschen an die Schrecken zu erinnern“, zu denen Nationalismus und Rechtsextremismus führen könnten. „Reparieren heißt sich erinnern, und sich erinnern heißt, die Wiederkehr des Schlimmsten zu verhindern.“
Bereits 2016 wandte sich die Familie Mayer, vertreten durch die Rechtsanwälte von Trott zu Solz Lammek und Prof. Dr. Fritz Enderlein, an die belgischen Museen, acht Jahre nachdem diese eine Online-Datenbank mit 27 Werken unklarer Herkunft in ihren Sammlungen eingerichtet hatten, um deren Eigentümer ausfindig zu machen. Dr. Imke Gielen, Anwältin der Berliner Kanzlei Von Trott zu Solz Lammek, sagte, dies sei ein historischer Tag für die Familie. „Sie sind hocherfreut, dass zumindest eines der vermissten Gemälde nach 80 Jahren identifiziert wurde und nun zurückgegeben werden kann.“ Zum Verkauf des Gemäldes sagt Gielen: „Schon oft hat Van Ham die Rolle als Vermittler bei Restitutionen eingenommen und sich durch Feingefühl und Verantwortungsbewusstsein einen ausgezeichneten Ruf aufgebaut. Dies hat sicherlich auch die Erbengemeinschaft der Familie Mayer überzeugt, das Gemälde nun bei Van Ham einzuliefern.“
Lovis Corinth (1858 – 1925)
Stillleben - Rote und rosa Rosen in Vase auf Tischtuch (Blumen) | 1913 | Öl auf Leinwand | 81,5 x 65,5cm | Signiert und datiert rechts, oberhalb der Tischkante: Lovis Corinth 1913 | Modellrahmen
Schätzpreis: € 250.000 – 350.000
Provenienz:
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