Sammlung Hilmar Kopper

"Hilmar Kopper war kein Mensch, der redete, jedenfalls nicht über sich und seine Neigungen."

Warum er die Kunst mochte, seit wann und aus welchem Anlass oder dank welcher Eingebung, allein die Frage wäre nicht statthaft gewesen. Gegen seine Natur. Nicht, dass er sich verweigern wollte. Selbstreflexion war ihm ganz einfach fremd. Immerhin erzählte er gern, wie er als junger Mann, Anfang zwanzig, tagsüber das amerikanische Bankgeschäft erlernte und abends in der Met die tollsten Opern sah. Wie er in den Bann der Bilderwelt gezogen wurde, hat er leider nie berichtet. Vielleicht war es die Tradition einer Bank, die Geld hatte und Geltung gewann, indem Kunst gekauft und gefördert wurde. Als Hilmar Kopper 1994 Hermann Josef Abs in der Administration des Städels nachfolgte, hatte er längst Blut geleckt und herausgefunden, dass der eigenen Vorliebe nur in einer eigenen Sammeltätigkeit nachzugehen sei. Worauf er zu Hause blicken wollte, stand fest, ein für alle Mal.

Hilmar Koppers unbedingte Präferenz galt den russischen Konstruktivisten, ob namentlich bekannt oder nicht, und den deutschen Bauhauskünstlern. Die klare Linienführung und die Reduktion auf das Wesentliche mögen seinem eigenen Wesen entsprochen haben, keine Schnörkel, keine Umwege, keine Ausflüchte. Zudem war er technikaffin und fast besessen von allem „Neuen“, wie El Lissitzky es veranschaulichte. Dessen „Projekt zur Bestätigung des Neuen“, abgekürzt Proun, diente der Ausweitung in die Dreidimensionalität. Zwei Bilder aus der Reihe hingen an prominenter Stelle. Eines trägt auf der Rückseite die Widmung „für W. Dexel, 1922 Hannover.“ Walter Dexel, von dem Hilmar Kopper mehr Bilder gesammelt hat als von jedem anderen Zeitgenossen, brachte 1923 eine Konstruktivismus-Ausstellung in Jena zustande. Welch ein Anlass zu erklären, dass die „neuen Künstler“ die Baukunst und die Form aller lebensnotwendigen Dinge mit neuem Geist durchdringen würden.

Wenn der junge Kopper wie sein älterer Bruder hätte studieren können, wäre die Wahl auf die Architektur gefallen. Jedenfalls muss dieser neue Geist, der die Baukunst einschloss, nachgeklungen haben, als er anlässlich des hundertfünfundzwanzigsten Jubiläums der Deutschen Bank 1996 die Neu- und Wiedererrichtung des Musikgymnasiums in Weimar verkündete und jenen Entwurf des Architekten Thomas van den Valentyn verwirklichen ließ. In unmittelbarer Nachbarschaft des barocken Schlosses Belvedere wirkt der Bau noch heute wie ein neues Bauhaus. Neben Walter Gropius hatte an dessen Wiege Lyonel Feininger gestanden. Zu den Werken, die dem Sammler ans Herz gewachsen waren, zählten vier Aquarelle und Tuschzeichnungen, die Orte in der nahen Weimarer Umgebung zum Gegenstand haben. Eines stammt aus der „Gelmeroda“- Reihe und war besonders prominent gehängt. Es verstand sich, dass Hilmar Kopper einer der ersten Besucher der neuen Bauhaus-Museen war - in Weimar und mit besonderer Begeisterung in Dessau.

Die Konzentration auf frühe Russen und geistesverwandte deutsche Künstler wäre ohne Seitensprünge eng gewesen, langweilig gar. Die Hommage an Horst Janssen, den großen Einzelgänger, den Beweis „eines Genies auch in unserer Zeit“, wie Ernst Jünger einst sagte, war Herzenssache. Ein Bekenntnis wider den Zwang zum Zeitgeist, zur Theoretisiererei und auch zum Kunstbetrieb. Von zeitloser Faszination schließlich war das Prunkstück der Sammlung, Georg Kolbes „javanische Tänzerin". Als er staunend vor ihr stand, entfuhr es Städel-Chef Philipp Demandt: „Es gibt nichts Schöneres in der modernen Skulptur.“ Hilmar Kopper war glücklich, es aus berufenem Munde zu hören. Im Übrigen wäre er nicht die runde, in sich ruhende und doch umtriebige Persönlichkeit gewesen, hätte er nicht auch ein Steckenpferd gepflegt, das in keinem Auktionshaus je Platz finden konnte. Schon den Lehrling faszinierten jene Papiere, die bis in die jüngste Zeit hinein Orangen umhüllten und ihm ob der vielfältigen Symbole und der fröhlichen Farben Vergnügen bereiteten. Nach Eintritt in eine Art Ruhestand wurden sie gebügelt, sortiert und in 38 dicke Ordner eingeklebt. Diese Sammlung hat jetzt im OPIUM Platz gefunden, dem Orangenpapiermuseum. Später wird das Zeugnis der Druckkunst ins Gutenberg-Museum in Mainz überführt werden. Wie die Kunst selbst ist das Sammeln eine ernste und auch eine heitere Angelegenheit.

Brigitte Seebacher

Mit spannenden Werken der Klassischen Moderne bildete die Sammlung Hilmar Kopper einen besonderen Höhepunkt in der Auktion "Modern" am 1. Juni 2022. Highlight der hochkarätigen Kollektion war das 1920 entstandene Aquarell „Bürgerliches Brautpaar“ der Dada-Künstlerin Hannah Höch, welches in einem internationalen Bietgefecht für insgesamt € 238.000 den Besitzer wechselte. Die beeindruckende Bronze „Javanische Tänzerin“ von Georg Kolbe gelangte für € 370.000 in eine Privatsammlung in Brandenburg. Weitere bemerkenswerte Ergebnisse erzielten die Hinterglasmalerei „Dampfschiff“ von Walter Dexel (Ergebnis: € 106.000) sowie das Aquarell „Gelmeroda“ von Lyonel Feininger, welches für € 73.000 verkauft wurde.

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