Der belgische Architekt und Designer Henry van de Velde wird am 3. April 1863 in Antwerpen geboren. 1881 beginnt er dort ein Studium der Malerei an der Académie des Beaux-Art, das er 1883 für einen Aufenthalt in Paris unterbricht. 1885 entschließt er sich endgültig dazu seinen Studienort in die französische Hauptstadt zu verlegen, wo er sich der impressionistischen Malervereinigung „L’Art Indépendant“ anschließt und Schüler des Malers Émile Auguste Carolus-Duran wird.
Wieder nach Belgien zurückgekehrt, widmet sich Henry van de Velde weiter der Malerei, verfällt jedoch zunehmend einer Schaffenskrise, die in den Jahren 1893/1894 ihren Höhepunkt findet. Schließlich wendet er sich von der Malerei ab um sich mit Architektur und angewandter Kunst zu beschäftigen. Er beginnt damit Möbel und Einrichtungsgegenstände zu entwerfen, wobei er sich von der englischen „Arts and Crafts“ Bewegung beeinflussen lässt, und wird damit innerhalb kurzer Zeit überaus erfolgreich. Unterstützt von Gönnern, die van de Veldes ästhetische Vision teilen, gelingt es ihm seine Entwürfe zu produzieren und zu verkaufen und seinen Namen über die belgischen Grenzen hinaus bekannt zu machen.
Im Jahr 1900 zieht er nach Berlin, zwei Jahre später nach Weimar, wo 1908 auf seine Initiative hin eine Kunstgewerbeschule gegründet wird, aus der später das weltberühmte Bauhaus hervorgehen sollte. Van de Velde ist Direktor der Schule bis diese 1915 aufgrund des 1. Weltkrieges geschlossen werden muss. 1917 verlässt er Weimar, da er dort als Ausländer während der Kriegswirren zunehmend auf Ablehnung und Diskriminierung stößt. 1918 zieht er in die Schweiz und 1926 zurück nach Brüssel, wo er zum Direktor des neu gegründeten“ Institut Supérieur des Arts Décoratifs“ ernannt wird. In späteren Jahren sah sich van de Velde, im Nachklang der Weltkriege, aufgrund seiner Bande nach Deutschland immer wieder mit Kritik konfrontiert. 1947 siedelte er erneut in die Schweiz um wo er am 25. Oktober 1957 verstarb.
Heute gilt Henry Van de Velde als der Begründer der Art Nouveau in Belgien. Mit seiner klaren Formgebung übte er bedeutenden Einfluss auf das Europäische Kunstgewerbe um 1900 aus. Sein vielseitiges Oeuvre umfasst Architektur und Textilien, Möbel und Metallkunstgegenstände wie Schmuck, Kerzenleuchter oder Besteck. Außerdem entwarf van de Velde Gebrauchsgegenstände aus Keramik und Porzellan und war als Theoretiker, Schriftsteller und Typograf tätig.